Die wechselhafte Organisation des Rundfunks

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Turbulenzen im Äther

Die wechselhafte Organisation des Rundfunks

Ausgabe

DAS ARCHIV 3/2020

Autor: Tina Kubot

Seiten: 16-25

Die Rundfunkfreiheit ist in Deutschland ein Grundrecht. Sie gehört zusammen mit Presse-, Informations- und Meinungsfreiheit zu den Kommunikationsfreiheiten, die den Gesamtprozess der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung schützen. Lange Zeit lag die Verantwortung für die reibungslose Verbreitung von Rundfunk in der Hand der Post. Die Reichweite des Rundfunks macht ihn zu einem mächtigen Medium, sodass die Kontrolle darüber von Anfang an heiß umkämpft war.

Bereits 1920 fanden im Sender Königs Wusterhausen die ersten Versuche mit der Übertragung von Instrumentalmusik statt; Techniker der Hauptfunkstelle griffen zu Geige, Cello und Klarinette. Das Konzert vom 22. Dezember 1920 gilt vielen als Beginn des Rundfunks in Deutschland

„Die Spitzen der Postbehörde und Gäste“ anlässlich der feierlichen Eröffnung des Deutschland-Senders in Zeesen am 20.12.1927; Staatssekretär Hans Carl August Friedrich Bredow in der Mitte, rechts vorn im Bild neben ihm sein früherer Kollege bei Telefunken, Georg Wilhelm Alexander Hans Graf von Arco

„Arbeiter und Soldaten! Seid euch der geschichtlichen Bedeutung dieses Tages bewusst. Unerhörtes ist geschehen! Große und unübersehbare Arbeit steht uns bevor. Alles für das Volk, alles durch das Volk! Nichts darf geschehen, was der Arbeiterbewegung zur Unehre gereicht. Seid einig, treu und pflichtbewusst! Das Alte und Morsche, die Monarchie, ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue; es lebe die deutsche Republik!“

Am 9. November 1918 verkündet Philipp Scheidemann, Vorstandsmitglied der SPD, aus einem Fenster des Reichstags in Berlin das Ende des Kaiserreichs. In den allgemeinen Wirren des Tages hielten der Agitator und Literat Franz Jung und der sozialistische Publizist Georg Fuchs „Wolffs Telegraphisches Bureau“ vorübergehend besetzt, damals die zentrale Agentur des deutschen Nachrichtenwesens; im Laufe des Tages ging die Kontrolle an das Komitee des Arbeiter- und Soldatenrats über. Würde der Sieg der Revolution über Wolffs Büro verkündet, würde die ganze Welt davon erfahren, das war den Revolutionären klar. Und sie sollten Recht behalten. Der Kaiser dankte ab, Friedrich Ebert übernahm die Regierungsgeschäfte. Bei Wolffs Büro sollte es allerdings nicht bleiben: 80 bewaffnete Männer fuhren nach Absprache mit Ebert Richtung Nordosten und übernahmen die Großfunkstelle Nauen, und von Königs Wusterhausen aus verkündeten die Revolutionäre dem gesamten innerdeutschen Funknetz, der Soldatenrat habe alle Anlagen übernommen.

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