75 Jahre Selbstwählferndienst in Bayern

Inbetriebnahme der ersten Netzgruppe in Weilheim 1923

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Süd, 1998

Autor: Werner Baumbach

Seiten: 72-77

Im Jahre 1998, 75 Jahre nach Einführung des ersten Selbstwählferndienstes in Bayern ist es uns kaum noch vorstellbar, Fernsprechverbindungen in Nachbarnetze über handvermittelte Vermittlungsstellen aufbauen zu lassen, abzuwickeln und wiederum auslösen zu lassen. Auch an die Gebührenberechnung auf „Gesprächsblättern“ durch die Vermittlungskraft können wir uns nicht mehr recht erinnern. Heute ist es für Nutzer der verschiedenen Fernsprechnetze selbstverständlich, Verbindungen zu den gewünschten Gesprächspartnern über Tastwahlapparate und mittels Mehrfrequenz – Codewahl selbst und in kürzester Zeit herzustellen. Daß dem Nutzer ab 1998 auch noch private Fernmeldenetze angeboten werden, die sich durch verschiedene Tarifstrukturen voneinander unterscheiden, war zu der Zeit der Einführung der ersten Netzgruppe unvorstellbar. Schon gar nicht aber mit Fernsprechgeräten, mit welchen der Nutzer selbst – ohne aufwendige Stromversorgung, sondern lediglich mit Kleinakkus und ohne Anschlußleitung, sondern über Funk – mit jedem beliebigen Partner weltweit Fernsprechverbindungen selbst herstellen kann.

Im Jahre 1882 führte die Bayerische Verkehrsverwaltung nach rund 30jähriger Betriebserfahrung mit der „elektrischen Telegraphie“, sowie aufgrund der positiven Erfahrungen in anderen Ländern mit dem Fernsprechapparat, das „Telephon“ als neuestes Mittel des Nachrichtenaustausches ein. Die elektrische Übertragung der Schallwellen des Sprechenden zum Hörenden und damit die unmittelbare akustische Wahrnehmung der Information ohne eine Umsetzung in elektrische Zeichen und deren Rückumwandlung in die ursprüngliche Nachricht – wie bei der Telegrafie – faszinierte die Öffentlichkeit damals ähnlich wie uns heute der PC und das Internet.

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