Alte Posthöfe in der Lüneburger Heide

Zusammengestellt nach den im Familienbesitz befindlichen und von Dr. jur. Theodor Roscher in den „Hannoverschen Geschichtsblättern“ 1898 veröffentlichten Originalurkunden von Hermann Thürnau, 3001 Lohnde, Bez. Hannover.

Ausgabe

DAS ARCHIV 02/ 1968

Autor: Hermann Thürnau, Lohnde

Seiten:  30 – 35

Die weithin tönenden munteren Klänge, die einst der in einer kleidsamen Tracht hoch oben auf dem Bock sitzen mit zwei, vier oder gar sechs Pferden bespannte, bei den damaligen Straßenverhältnissen mehr holpernde als fahrende Postkutsche durch die Lande lenkte, sind verklungen und in Vergessenheit geraten. Außer einigen verlassenen Heidewegen, die seinerzeit als Teilstrecke der „Poststraßen“ dienten und heute noch von der Postromantik träumen, finden wir nur wenige Anhaltspunkte, die an jene gute Zeit erinnern. War es aber wirklich eine gute alte Zeit, als das nich tagelange strapazenreiche Reisen unter unbequemen Bedingungen und mit ständiher Gefahr der Bedrohung durch Wegelagerer oder Unfälle verbunden war?

Einer der wenigen Zeugen der braunschweig-lüneburgischen Postgeschichte ist das noch heute erhaltene Gebäude des ehemaligen Posthofes an der Straßenkreuzung in Schillerslage. Im Jahre 1785, als doe direkte Straßenverbindung von Hannover nach Celle hergestellt war, hatte der Postverwalter Sprengel den Posthof von Engensen nach hier verlegen müssen. Ein abwechlsungsreiches, bewegtes Leben hat sich innerhalb seiner Mauern abgespielt. Die Chronik berichtet, da0 bis zu 40 Pferde für den Postverkehr gehalten wurden und außerdem noch sehr oft weitere Pferde aus dem Dorfe zu Vorspanndienstem herangezogen werden mußten. Sie berichtet ferner, daß auch Napoleon I. und Alexander vin Rußland hier Einkehr gehalten haben. Aber auch eine in den Jahren 1692 bi 1698 nach den Plänen von Stechinelli, des seinerzeitigen General-Erb-Postmeisters in dem Heidedorf Wieckenberg (Kreis Celle) erbaute Kapelle, eine der wenigen Barock-Schöpfungen im niedersächsischen Raum, erinnert an den Neuordner des Postwesens in den „Braunschweig-Lüneburgischen Landen“. Der 1640 in Rimini (Italien) als Sproß einer altadeligen, aber verarmten und in bedrängten Verhältnissen lebende Familie Venedigs geborene Giovanni Francesco Maria Capellini, genannt Stechinelli, hatte als Bettelknabe das Interesse des Herzogs Georg Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg erweckt, als dieser in Italien weilte. Er wurde von ihm aus Dankbarkeit für die Vereitelung eines Anschlags auf sein Leben im Jahre 1658 mit nach Hannover genommen. Nach einer Ausbildung zum Kammerdiener kam Stechinelli 1665, als sein Herr zur Macht gelangte, mit nach Celle, wo er bald emporstieg und großen Einfluß und Reichtum gewann.

(…)