Anhang II | Die Änderungen des elektrischen Widerstandes an einem losen Kontakt des Leitungskreises

Ausgabe

DAS ARCHIV 01/1963

Autor: Silvanus P. Thompson., B.A., D. Sc.

Seiten: 53 – 57

Solange Elektriker mit Volta’schen Strömen experimentierenm und besonders seit der Einführung des elektrischen Telegraphen ist die Tatsache bekannt, daß ein loser oder unvollkommener Kontakt im Leitungskreis dem Stromfluß einen Widerstand entgegensetzt und ihn mehr oder weniger vollständig unterbricht. Um lose oder unvollkommene Kontakte zu vermeidenm wurden Verbindungsschrauben erfunden; und zahlreich waren die Vorkehrungen, die unternommen wurden, um feste Kontakte an Verbindungspunkten der Leitung zu erreichen und dadurch ihren Widerstand möglichst niedrig zu halten. Junge Telegraphenbeamte erhielten ausdrücklich die Anweisung, bei der Zeichengebung ihre Tase kräftig herunterzudrücken, weil ein loser Kontakt Widerstand bietet, während er bei einem festen Druck kaum vorhanden ist. Allgemein war bekannt, daß sich der Widerstand von zwei Stücken Metall oder von anderen leitenden Materialien, die sich gegenseitig berühren, dadurch ändern läßt, daß man die Güte oder die Mangelhaftigkeit des Kontaktes durch Aufwenden von mehr oder weniger Kraft ändert. Aus dem gleichen Grunde verlangte man auch gute Leiter, wie Kupfer oder andere Metalle, oder auch nichtmetallische Leiter, wie Graphit. Graphitspitzen wurden von Varkey für Relaiskontakte benutzt. Man hatte herausgefunden, daß Platinspitzen dazu neigen, bei Stromdurchgang miteinander zu verschweißen und durch dieses Zusammenhaften das Instrument unbrauchbar zu machen. Da man wußte, daß Graphit unschmelzbar ist, hoffte man, daß ein Graphitkontakt sich als zuverlässiger erweisen würde. In der Praxis jedoch stellte sich ein Graphitrelais als nicht so brauchbar heraus. Es stimmte, Graphit schweißte nicht zusammen, haftete nicht und oxydierte nicht, doch neigte es mehr als Platin dazu, unvollkommene Kontakte zu liefern. Der Widerstand war bei leichter Berührung so hoch, daß kein genügend starker Strom hindurchfloß. Es ist unbekannt, ob andere nichtmetallische Stoffe ausprobiert wurden. Vermutlich nicht, weil Graphit einer der wenigen ist, die gut leiten.

Nach Angaben von Edison (Britisches Patent No. 792, 1882) ist gepreßter Graphit eine Substanz von hohem Leitvermögen. Nach Faraday („Exp. Res.“ Bd. 1, S. 24) ist Retortengraphit ein ausgezeichneter Leiter. Beide, Naturgraphit und Retortengraphit, stimmen mit den Metallen in der Eigenschaft überein, daß sich der elektrische Widerstand an Kontaktstellen zwischen ihnen ändert, wenn der Druck verändert wird. Es ist in der Tat erstaunlich, über welch ausgedehnten Widerstandsbereich sich der Kontakt zwischen zwei guten Leitern ändern kann. Der Kontaktwiderstand zwischen zwei Kupferstücken kann – nach Angaben von Sir W. Thomson – in vollkommenen kontinuierlicher Weise in einem Bereich von der Größenordnung eines Ohms bis hinauf zu Widerständen von einigen tausend Ohm durch Druckänderungen verändert werden. Dasselbe trifft zu für Silber, Messung und andere gute Leiter, einschließlich Natur- und Retortengraphit, obwohl bei den letzteren der Widerstandsbereich nicht so umfangreich ist. Mit Halbleitern, wie Mangonoxyd, Kupfersulfid, Molybdänsulfid usw., und mit schlechten Leitern, wie Lampenruß und Selen, deren Leitfähigkeit milionenfach geringer ist als die von Graphit, Kupfer und anderen guten Leitern, ist es unmöglich, einen gleichwertigen Spielraum zu erreichen, da sie bei noch so starkem Zusammendrücken nicht in gute Leiter verwandelt werden können. Platin, das zur Gruppe der guten Leiter gehört, befindet sich unter den Substanzen, die dem elektrischen Widerstand an den Kontaktstellen einen weiten Spielraum gewähren, wenn sie einem veränderlichen Druck ausgesetzt werden.

(…)