Aus den Geheimakten der Dresdner Oberpostdirektoren | Eine vergangene Zeit

Ausgabe

DAS ARCHIV 01/1966

Autor: Friedrich Schrautzer, Hannover- Kirchrode

Seiten: 54-59

I.

Vor den Stürmern des letzten Krieges sind drei umfangreiche Aktenstücke bewahrt geblieben, die von den Dresdner Oberpostdirektoren in den Jahren 1972 bis 1914 persönlich geführt worden sind. Sie enthalten vertrauliche Erlasse der Zentralpostbehörde an die Bezirkschefs des Reichspostgebiets im Umdruck sowie Berichte und sonstigen Schriftwechsel in Dingen, die wegen ihres Inhalts nicht zur Kenntnis anderer Dienststellen gelangen durften. Sie gewähren einen reizvollen Einblick in die Verhältnisse und die dienstlichen, politischen und menschlichen Anschauungen einer hinter uns liegenden Zeit und verdienen deshalb, der Nachwelt als ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Reichspost bekanntgegeben zu werden. Die Persönlichkeiten, die darin eine Rolle spielen, sind nicht mehr am Leben, so daß Bedenken gegen eine Veröffentlichung des Akteninhalts nicht aufkommen können.

II.

Der Inhalt der Akten fällt zum überwiegenden Teil in die Zeit von 1872 und 1897, in der Stephan an der Spitze der deutschen Reichspost stand, die man als das klassische Zeitalter der deutschen Post bezeichnen kann. Die Akten enthalten in erster Linie eine große Anzahl von Erlassen und sonstigen Mitteilungen Stephans an die Bezirkschefs. Er hatte mitunter Veranlassung, die Entscheidungen und das Verhalten einzelner Oberpostdirektoren, die sich nicht mit einer seiner Auffassung deckten, zu rügen. Die Schreiben, die er den in Frage kommenden Bezirkschefs aus diesem Anlaß zufertigte, ließen an Deutlichkeit und Schärfe nicht zu wünschen übrig. Sie zeigen, daß Stephan, der sich im persönlichen Verkehr durchaus menschlich gab, in dienstlichen Dingen keinen Spaß verstand und keine Rücksicht auf Person und Stellung des Betroffenen nahm. Daran änderte auch die Anrede „Ew. Hochwohlgeboren“ nichts. Stephan liebte es, die Erlasse, natürlich ohne Namensnennung, den übrigen Oberpostdirektoren im Umdruck zur Beachtung zuzuleiten. Nachstehend sollen einige dieser Erlasse, die mitunter einen politischen Hintergund haben, besprochen werden.

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