Aus der Geschichte des halleschen Telegrafenwesens

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Ost, 1999

Autor: Gerhard Weinreich

Seiten: 19-27

Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Das mußten im neunzehnten Jahrhundert auch die beiden Wissenschaftler Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und Wilhelm Eduard Weber (1804-1891) mit ihrem elektromagnetischen Ein-Nadel-Telegrafen erfahren. Erst Jahrzehnte später wurden in Erinnerung an Wilhelm Eduard Weber am Postamt Wittenberg eine Gedenkplakette angebracht und in Halle eine Straße und eine Schule nach Gauß benannt. Zwar hatte sich die Telegrafenlinie der beiden Wissenschaftler von 1833 bis 1838 in Göttingen bewährt. Trotzdem konnte sich für den Einsatz dieser deutschen Erfindung keine einheimische Eisenbahngesellschaft entscheiden. Im entstehenden deutschen Eisenbahnbetrieb gelangte daher erstmals ein elektrischer Nadeltelegraf nach dem Prinzip des Engländers Charles Wheatstone (1802-1875) im Jahre 1843 auf der Seilbahnstrecke Aachen – Rhonheide zur Anwendung.

Als im halleschen Raum 1840 die erste Eisenbahnstrecke ihren Betrieb aufnahm, arbeitete man bei dem Linienverlauf Magdeburg-Halle-Leipzig anfangs ohne elektrische Signalweitergabe bei der Zugmeldung. Doch sechs Jahre später benutzte die Thüringische Eisenbahngesellschaft erstmals im halleschen Stadtbereich elektromagnetische Telegrafenapparate. Den Anlaß dazu gab die Aufnahme des Zugverkehrs auf der Strecke Halle-Weißenfels am 20. Juni 1846 (eine Weiterführung dieser Strecke über Erfurt-Eisenach-Gerstungen bis Kassel wurde am 25. September 1829 abgeschlossen). Die benutzten Nadeltelegrafen lieferte die Berliner Firma Leonhard. Doch das „hochwohllöbliche Publikum“ war zunächst nicht am Telegrammverkehr beteiligt, denn die Eisenbahn-Telegrafenstationen nahmen weder staatliche noch private Telegramme zur Beförderung an.

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