Die ganze Welt in 1:87

Das Miniatur Wunderland in Hamburg

Ausgabe

DAS ARCHIV 03/2024

Autor: Bendikt Burkard

Seiten: 60-63

Der Wunsch nach einer überschaubaren Welt, in der alles seine Ordnung hat, ist wahr geworden in Knuffingen – so der Name einer Idealstadt innerhalb der Modellbahnanlage, die 2001 in der Hamburger Speicherstadt eröffnete. Heute gehört das Miniatur Wunderland mit mehr als anderthalb Millionen Besuchern im Jahr zu den größten Publikumsmagneten in ganz Europa. Benedikt Burkard hat es zusammen mit seiner Tochter erkundet.

Logistik begreifen – im Miniatur Wunderland ist es spielerisch möglich: LKW, Schiffe, Flugzeuge und rund 16 500 Meter Bahngleise für über tausend Züge faszinieren Kinder und Erwachsene

Foto: Miniatur Wunderland Hamburg

Die Macher des Miniatur Wunderlands, Gerrit und Frederik Braun, eröffneten nach vier Jahren Arbeit, „über 60 000 Arbeitsstunden und knapp 1 500 000 Euro Baukosten“ den Rio-Abschnitt im neuen Speicherblock

Foto: Miniatur Wunderland Hamburg

Die ersten Modell-Lokomotiven, die auf Schienen fahren konnten, entstanden noch im selben Jahrhundert wie die Eisenbahn selbst, erst tatsächlich mit Dampf betrieben, ab 1886 mit einem Uhrwerk. In den 1920er-Jahren setzte sich der elektrische Antrieb durch. In derselben Zeit entstanden die ersten Miniaturparks, die berühmte Bauwerke oder ganze Orte in kleinem Maßstab für Besucherinnen und Besucher zugänglich machten. So gründete sich im sächsischen Oederan vor 100 Jahren der „Verein für heimatliche Volkskunst“, der erzgebirgische Sehenswürdigkeiten en miniature nachbaute und 1933 das Klein-Erzgebirge, die älteste Miniaturanlage Deutschlands, eröffnete, ein bis heute beliebtes Ausflugsziel. Modelleisenbahnen, anfangs vergleichsweise groß, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg kleiner und die Spurweite H0 mit ihrem Maßstab 1:87 und der detailgetreuen Nachbildung realer Lokomotiven und Waggons zur üblichen Norm. Seinen Höhepunkt erlebte das Spiel mit Modelleisenbahnen in den 1960er- und 1970er-Jahren, als Jungen – und ihre Väter − in West- und Ostdeutschland davon träumten und sie auch unter dem Weihnachtsbaum stehen hatten. Zwar hat die Faszination fürs Eisenbahn-Spielen bei dieser „Zielgruppe“ stark nachgelassen, doch die Branche überlebt dank des Interesses Erwachsener, die Modelleisenbahnen sammeln oder gar – wie Ex-Bundesminister Horst Seehofer – den Bau einer Anlage als Hobby pflegen.

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