Die deutsche Post überlistet den Mangel | Notstempel nach dem Zusammenbruch von 1945

Ausgabe

DAS ARCHIV 02/1963

Autor: Dr. Herbert Werner Gewande

Seiten: 1 – 9

Ein ganz modernes Postamt, hell und schön und neu – es muß eine Freude sein, dort arbeiten und aus dem vollen schöpfen zu dürfen.
„Können Sie sich vorstellen, wie es bei Ihnen vor achtzehn Jahren aussah?“ fragte ich den jungen Schalterbeamten, der mich bediente.
Nein, das konnte er nicht, denn damals war er noch kleiner Schüler. Aber er wollte es auch nicht, si webig wie seine Kollegen vom Nachwuchs. Und die Älteren dachten ungern an die Zeit zurück, die dem Zusammenbruch von 1945 folgte. Sie war für die meisten ein Gang durch das Inferno gewesen, ein Kampf mit dem Mangel. Trotzdem sollten wirdann und wann Rückschau halten, um zu erkennen, daß uns nichts geschenkt wurde, seit dem Jahre 1945.

Wer die letzte Zeit vor dem Zusammenbruch am eigenen Leibe erlebte, weiß, welche Schäden der Krieg mit dem deutschen Postwesen zufügte. In den Groß- und Mittelstädten zerschlugen die Bomben der angreifenden Feindflieger die Riesen unter den Postämtern, deren Betrieb lebensnotwendig war. Der Kampf der Soldaten auf der Erde fügte dem platten Lande Wunden zu, die sich nicht schließen wollten. Das war besonders auffällig im deutschen Osten, wo die sowjetischen Heere nach erfolgreichen Gefechten mit den sich langsam zurückziehenden Truppen unaufhaltsam vorandrangen. Da erlosch jedes Leben wir mit einem Schlage, und vomn Dörfern und Kleinstädten blieben oft nur kümmerliche Reste zurück. Postämter und Poststellen wurden restlos zerstört, oft absichtlich ausgebrannt – und die gesamte Ausstattung zerstreuten die Sieger in alle Winde.

(…)