Alleskönner bei der Post

Die große Zeit der Landkraftposten

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte 1996/2

Autor: Konrad Buschmann

Seiten: 54-67

Seit Beginn der Postbeförderung war die Bevölkerung in den ländlichen Gebieten stets benachteiligt. Größere Entfernungen, langsamere Beförderungsmittel und ein geringeres Sendungsaufkommen als in den Städten waren die Ursachen für diese stiefmütterliche Behandlung. Einen ersten Versuch einer Verbesserung gab es bereits 1744, als Herzog Karl I. von Braunschweig in den Dörfern Schulmeister postalisch ausbilden ließ und die Hausbesitzer reihum verpflichtete, die Botengänge zu den nächstgelegenen Postexpeditionen zu übernehmen. Langen Bestand hatte dieses System nicht, da die aus der Zeit des Mittelalters stammenden gewerbsmäßigen Boten vielseitiger und zuverlässiger waren. 1824 begann der preußische Landespostdienst in Frankfurt (Oder), mit dem Versuch, Beförderung und Zustellung in einer Hand zu lassen und bei einem Rundgang möglichst viele Orte zu erfassen. Die Forderung nach täglicher Zustellung zwang zur Einrichtung von Hilfspostanstalten, die als Basis für die kleiner gewordenen Zustellbezirke dienten. Die aufkommenden Klein- und Nebenbahnen brachten bessere Beförderungsmöglichkeiten, aber auch eine räumliche und zeitliche Abhängigkeit mit sich. Etwa um 1880 wurden vermehrt Fuhrwerke und Reitpferde eingesetzt. Nach Bedarf wurden sogenannte Landespostpferdefahrten durchgeführt, bei denen bis zu 3 Personen mitreisen konnten. Der Erste Weltkrieg und die Inflation warfen dieses System wieder um Jahrzehnte zurück. Allerdings wurde dadurch die Möglichkeit eines vollkommenen Neuaufbaus geschaffen.

Eine genaue Untersuchung der bestehenden Zustellverhältnisse fand ihren Niederschlag in einer „Denkschrift über die Umgestaltung des Landpostwesens“ im Mai 1926. Dreh- und Angelpunkt war die Feststellung, daß rund 50% der Arbeitsleistung im Landzustellbereich auf die eigentliche Zustellung entfallen und der Rest für Wegeleistungen gebraucht wurde. Eine Verbesserung der Verhältnisse konnte also nur durch die Verwendung schnellerer Beförderungsmittel erreicht werden, die zu dieser Zeit im ländlichen Bereich noch nicht im Einsatz waren, denn 1925 wurde der Landzustelldienst zu rund 85% zu Fuß, zu 14% mit dem Fahrrad und zu 1% mit Fuhrwerken bewältigt.

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