Die Post- und Nachrichtenversorgung in den 1939 besetzten polnischen Gebieten und im Generalgouvernement

Ausgabe

DAS ARCHIV 2/1979

Autor: Karl-Heinz Schmidt

Seiten: 97 – 116

1. Die Post- und Nachrichtenversorgung im September und Oktober 1939

In der zweiten Hälfte des Monats September 1939 war der polnische Feldzug entschieden. Ein sehr großer Teil Polens war von der Deutschen Wehrmacht besetzt. Es waren vier Militärbezirke gebildet worden: Posen, Krakau, Lodsch und Danzig. Den Militärbefehlshabern waren Chefs der Zivilverwaltung mit einem umfangreichen Beamtenstab zur Organisation und Verwaltung der sehr ausgedehnten Gebiete beigegeben. Es hatte sich bald herausgestellt, daß große Mengen Dienstpost täglich zu bearbeiten waren, die die Feldpost – selbst noch im Aufbau und mit Anfangsschwierigkeiten kämpfend – nicht hatte bearbeiten können. So ergab sich zwingend die Notwendigkeit, zur Bearbeitung dieser dienstlichen Verwaltungspost und der Feldpost der stationierten Besatzungstruppen eine besondere „Dienstpost“ aufzubauen. Dem Reichspostmuseum schwebte etwas Ähnliches wie die „Dienstpost Böhmen-Mähren“ vor. Es wurden zunächst einmal durch das Reichspostministerium Postbeauftragte bei den vier Militärbefehlshabern in Polen eingesetzt. Diese Postbeauftragten aber hingen in der Luft. Ihre Stellung und ihre Befugnisse waren unklar; ihre Schwierigkeiten, sich bei den Militärbefehlshabern und den Chefs der Zivilverwaltung durchzusetzen, waren außerordentlich groß. Den mündlichen Weisungen des Reichspostministeriums entsprechend – schriftliche Weisungen waren nicht vorhanden und wurden auch nicht ausgearbeitet – sollten die Postbeauftragten als Verbindungsmänner des Reichspostministerium den Militärbefehlshabern beigegeben und neben die Chefs der Zivilverwaltung gestellt sein. In der Praxis hatte jedoch jeder der vier Postbeauftragten entsprechend den persönlichen und sachlichen Verhältnissen andere Befugnisse; allen gemeinsam waren nur überall außergewöhnliche Schwierigkeiten.

Um diese Schwierigkeiten zu beseitigen oder doch wenigstens zu verringern, und die Arbeit der Postbeauftragten zu koordnieren, wurde Ende September 1939 der Präsident der Reichspostdirektion Nürnberg, Dr. Richard Lauxmann, vom Reichspostministerium als Generalbeauftragter der Deutschen Reichspost beim Oberbefehlshaber Ost bestellt. Auch für dessen Aufgaben bestanden weder schriftliche Weisungen noch klare in die Einzelheiten gehende Vorstellungen. Das Reichspostministerium hatte lediglich erkannt, daß es die Postbeauftragten nicht genügend bei Behebung ihrer umfangreichen Schwierigkeiten unterstützen konnte und hatte nunmehr den sicher richtigen Weg bestritten, durch Ernennung eines Beauftragten beim Oberbefehlshaber Ost, unmittelbar bei diesem mehr für den Aufbau einer zufriedenstellenden Postversorgung in dem besetzten Gebiet erreichen zu können, als es dem Reichspostministerium von Berlin aus möglich war. Diese Improvisationen lassen erkennen, daß dem Reichspostministerium der Krieg oder zumindest die Entwicklung des Krieges vollkommen unerwartet gekommen war. Kurz vor der Bestellung des Generalbeauftragten beim Oberbefehlshaber Ost hatte sich herausgestellt, daß neben den Postbeauftragten bei den vier Militärbefehlshabern auch Fernmeldebeauftragte notwendig waren, um die Fernmeldeeinrichtungen und Fernmeldewege in Ordnung zu bringen und den Fernmeldedienst zu organisieren. Um die Fernmeldebeauftragten von Anfang an unterstützen zu können und sie anzuleiten, wurde zuerst ein Fernmeldebeauftragter beim Oberbefehlshaber Ost bestellt; dieser wurde aus Gründen der einheitlichen Vertretung der Deutschen Reichspost beim Oberbefehlshaber Ost dem Generalbeauftragten unterstellt.

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