Die Reformen von München und Dresden

Ausgabe

DAS ARCHIV 01/1976

Autor: Herbert Rittmann

Seiten: 69-73

Bei der Struktur des Heiligen Römischen Reiches, das 1806 erlosch, war an die Münzeinheit Deutschlands nicht zu denken. Gab es den Begriff „Deutschland“ überhaupt? Er war ein bloß geografischer, der erst mit dem Aufkommen des Nationalgefühls politisch und wirtschaftlich wirksam wurde. Schon die Entwicklung der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert im Sinne des Klassizismus bereitete dieses Bewußtsein des Volkes vor, und die Französische Revolution verhalf ihm auch im politischen Wollen zum Durchbruch. In ihrer Folge brach die alte Ordnung des Reiches zusammen, ließen die Befreiungskriege hoffen, hatten der Code Napoleon im Westen und die Stein-Hardenbergschen Reformen in Preußen dem Bürgertum die Grundlage für seine Entfaltung im 19. Jahrhundert gegeben. Zwar herrschte politisch im Deutschen Bund von 1815 die Reaktion der Heiligen Allianz. Aber der Ruf und das Bedürfnis nach Freiheit des Handels und der wirtschaftlichen Betätigung mußten auch den Ruf nach der Einheit der Münze laut werden lassen, zumal die Verhältnisse besonders im Süden äußerst unbefriedigend waren. Der Deutsche Bund beließ den Mitgliedern die Zoll-und Münzhoheit. Der Gang der deutschen Münzeinigung ist nur auf dem Hintergrund der Zolleinigung zu verstehen, Erst mußte Preußen seine Münzreform von 1821 durchführen. 1818 hatte Preußen die innerhalb seines Gebietes noch bestehenden Zolllinien beseitigt und war erst dadurch selbst zu einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet geworden. Nach verschiedenen Teileinigungen, auf die hier nicht eingegangen werden kann, kam es auf den 1. Januar 1834 zum Wirksamwerden des Deutschen Zollvereins, bei dem von den Bundesstaaten im Süden Österreich und im Norden außer den drei Hansestädten noch Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Holstein, Lauenburg und die Herzogtümer Mecklenburg fernstanden. Der Der Zollvereinsvertrag von 1833 sah schon Verhandlungen über die Münzfrage vor. Bei dieser war davon auszugehen, daß Preußen ein gutes Münzsystem hatte, Österreich außer wegen des Gegensatzes zu Preußen auch wegen seiner Papiergeldverhältnisse nicht in Betracht kam und die Süddeutschen zwar eine im Ansatz brauchbare, aber im Münzumlauf zerrüttete Silberwährung hatten. So lag es nahe, daß zuerst die Süddeutschen ihr gemeinsames Münzwesen sanieren und dann mit den Norddeutschen in Verbindung treten mußten, unter denen Preußen gerade in diesen Jahren sein System ausdehnte. So kam es zuerst zum Vertrag der Süddeutschen untereinander (München,1837) und dann zur Absprache dieser Gruppe mit den norddeutschen Mitgliedern des Zollvereins (Dresden, 1838)

 

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