Die ersten Frauen im Staatsdienst

Telegrafistinnen und Telefonistinnen bei der großherzoglich badischen Post und bei der Reichspost 1864-1914

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Südwest, 1999

Autorin: Gudrun Kling

Seiten: 36-56

Der öffentliche Dienst ist heute eines der von Frauen bevorzugten Arbeitsgebiete. Ein Blick auf die historische Entwicklung mag deshalb zunächst erstaunen, läßt sich doch für das 19. Jahrhundert konstatieren, daß die Durchsetzung bürokratischer Prinzipien der Behördenorganisation sowie das Aufkommen fester Ausbildungs-, Prüfungs- und Laufbahnvorschriften im Berufsbeamtentum sich zunächst unter vollkommenem Ausschluß von Frauen vollzog. „‚Frauen im Staats- und Gemeindedienst!‘ – wie ungewohnt klingt das noch dem deutschen Ohr!“ schrieb Gustav Dahms 1895 in einer Broschüre, die den aktuellen Stand der staatlichen Frauenbeschäftigung erstmals rekapitulierte und mit Forderungen für die Zukunft verband. Erst als sich mit fortschreitender Industrialisierung der Schwerpunkt des öffentlichen Dienstes von der Hoheits- zur Leistungsverwaltung verlagerte und sich damit insgesamt die staatlichen Personalverhältnisse veränderten, wurden Frauen zugelassen.

Das Großherzogtum Baden gehörte im nationalen wie internationalen Vergleich zu den Vorreitern im Einsatz von weiblichem Personal bei den sogenannten Betriebsverwaltungen Post und Eisenbahn. 1864 wurden die ersten sogenannten „Telegrafengehilfinnen“ von der Verwaltung der badischen Verkehrsanstalten eingestellt. Es folgten Sachsen, hier wurden die Telegrafistinnen 1867 bei der Übernahme des sächsischen Telegrafenwesens durch die preußische Regierung wieder entlassen, und Württemberg 1866. Württemberg war neben Baden der einzige Staat, der die Verwendung von Frauen bei Post und Eisenbahn in größerem Maße zuließ, im Gegensatz zu Baden bis 1870 aber nur auf kleinen Stationen. Im Vergleich zu Preußen, dem Norddeutschen Bund und dem späteren Deutschen Reich, wo sich der Staatssekretär im Reichspostamt Heinrich v. Stephan vehement gegen die Zulassung von Frauen sträubte, war Baden deshalb das Beispiel, auf das die Frauenvereine immer wieder verwiesen.

(…)