Ein TV-Experiment zur documenta IX im Jahr 1992 in Kassel

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Das Fernsehprojekt „Piazza virtuale“

Ein TV-Experiment zur documenta IX im Jahr 1992 in Kassel

Ausgabe

DAS ARCHIV 1/2022

Autor: Tilman Baumgärtel

Seiten: 24-29

„,Piazza virtuale‘ − zukunftsweisendes Experiment oder Kunstskandal?“ war eine Pressemeldung überschrieben, die der öffentlich-rechtliche Kultursender 3sat am 27. Juni 1992 veröffentlicht hat. Der Text war – für eine Pressemitteilung ungewöhnlich – namentlich gezeichnet vom Redakteur Wolfgang Bergmann, der für die Sendung verantwortlich war.

„Piazza virtuale“ war nicht nur das größte Kunstprojekt, das es im Fernsehen jemals gegeben hat − aus heutiger Sicht war das Projekt auch ein Vorläufer der sozialen Medien der Gegenwart. Das bahnbrechende Fernsehereignis der Gruppe Van Gogh TV, das während der documenta IX im Jahr 1992 stattfand, war ein TV-Experiment, bei dem Interessierte Medieninhalte selbst gestalten konnten.

Ein Team von mehr als zwei Dutzend Künstlern und Künstlerinnen, darunter Programmierer, Gestalter und Hacker, arbeiteten unter der Leitung der Van Gogh TV-Gründer Mike Hentz, Karel Dudesek, Benjamin Heidersberger und Salvatore Vanasco an der Sendung. Von Kassel aus wurde sie an allen hundert Tagen der documenta live auf 3sat ausgestrahlt und von Zehntausenden Zuschauerinnen und Zuschauern gesehen. Auch der Berliner Privatsender FAB und der TV-Satellit Olympus verbreiteten das Programm, das wechselnde Beteiligte in einem Containerstudio neben dem Kasseler Fridericianum produzierten.

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