Flugpost am Rhein und am Main 1912

Ausgabe

DAS ARCHIV 01/1982

Autor: Hagen Hahn

Seiten: 33 – 50

Die erste amtliche Postbeförderung in der Welt mit einem Flugapparat schwerer als Luft fand vor 70 Jahren in der Zeit vom 10.6 bis 23.6.1912 anläßlich einer Wohltätigkeitsveranstaltung statt. Vor dieser Zeit gab es in den Jahren 1909, 1911 und 1912 schon einige Versuche von Flugpostbeförderungen. Die Flugpost am Rhein und am Main jedoch war das erste Ereignis dieser Art, bei dem eine intensive Zusammenarbeit zwischen der Post und dem Veranstalter gegeben war. Die Großherzogin, Ihre Königlichliche Hohheit Eleonore von Hessen und bei Rhein, führte – wie auch schon in den Jahren 1910 und 1911 – eine Postkartenwoche zum Besten der Mutter- und Säuglingsfürsorge durch. Im Jahre 1912 war eine Besonderheit vorgesehen: Alle Karten sollten mit Luftfahrzeugen befördert werden. Zu dieser Idee leistete sicherlich der mit der Großherzoglichen Familie befreundete Flugpionier August Euler seinen Beitrag. (August Euler war nicht nur ein bedeutender Flugzeugkonstrukteur, sondern auch der Inhaber des ersten deutschen Flugzeugführer-Zeugnisses aus dem Jahre 1910; später wurde er Staatssekretär im Reichsluftfahrtamt).

In den Jahren 1910 und 1911 waren Postkarten mit Fotos der Großherzöglichen Familie verkauft worden. 1912 erschienen elf Fotokarten mit den neuesten Bildern der Großherzoglichen Familie, die schon einige Zeit vor der Veranstaltung vom Hoffotografen Steinacker angefertigt wurden. Der Jugendstilmaler Eugen Bracht gestaltete drei farbige Bildkarten mit Motiven der Darmstädter Umgebung. Diese Karten stelle die Druckerei L.C. Wittich in Darmstadt im Steindruckverfahren her. Nach den ersten Tagen kamen weitere sechs Karten nach Fotos von Susanne Homann zur Ausgabe, die die gleiche Druckerei anfertigte. Die Fotos waren erste Aufnahmen der Postkartenwoche und der ersten Flugpostbeförderung. Bei der weitaus größten Zahl aller verkauften Karten handelte es sich jedoch um Grußkarten. Zur Herstellung der Karten verwendete man verschiedenfarbige Kartons. Zunächst gab es die olivfarbene Karte, die zur Beförderung mit dem Luftschiff bestimmt war. Die orangefarbene Karte benötigte man zur Beförderung mit dem Flugzeug. Ein besonderer Vermerk machte dies kenntlich. Ganz selten gab es die roten Flugzeugkarten, die in einer Auflage von nur 2000 Stück ausgegeben wurden. Außer den genannten offiziellen Karten tauchte noch eine Reihe privater Karten auf.