Geheime Dienste – geheime Nachrichten

Die Welt der verschlüsselten Kommunikation

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte 1999/2

Autor: Klaus Beyrer

Seiten: 101-109

Sie leben („nur“) zweimal, spinnen unsichtbare Netze, jagen und hetzen ihre Opfer um den gesamten Erdball; sie kommen aus der Kälte, agieren und operieren in einer Welt der Schatten und der geheimnisvollen Mächte, und schlußendlich, so will es ihre Vita, sterben sie einsam. Die Helden der Leinwand sind es gewöhnlich, die aus der breiten Undercover-Anonymität heraustreten, um uns vor Augen zu führen, aus welchem Holz Agenten geschnitzt zu sein haben: Yul Brynner, Clint Eastwood und Richard Burton etwa, die dem Spionagethriller des Kalten Krieges ihr Gesicht liehen, Sean Connery, der Ian Flemings „Bond“ im globalen Mächtespiel der sechziger Jahre zu kultivieren vermochte, und andere mehr – hartgesottene Kerle allemal, ohne Zuneigung, Bindung und Sentiment.

Mit der Wirklichkeit haben die Kultfiguren des Spionagegenres, versteht sich, nur wenig gemein. Als unlängst die CIA einmal mehr ihren Nachwuchs rekrutierte, waren ganz andere Charaktermerkmale gefragt: Jung, intelligent und patriotisch sollten die Bewerber sein, perfekt in Arabisch, Chinesisch, Farsi oder anderen Fremdsprachen, unauffällig und verschwiegen. Ähnliches gilt für die beamteten Spione aller Nachrichtendienste. Zumindest keine Draufgänger und Sprücheklopfer, wer sich hier für eine höhere Position qualifiziert, von der erwarteten Disziplin bei Alkohol und Schürzenjagd ganz zu schweigen. Die Arbeit der Geheimdienste, urteilt der Schriftsteller und Essayist Hans Magnus Enzensberger, spiele sich naturgemäß „in einer Atmosphäre äußerster Sachlichkeit ab. Die Gegner halten sich an gewisse Spielregeln, so daß man fast von einem Zusammenspiel feindlicher Dienste, die selbstverständlich in einem ständigen Kontakt stehen, sprechen kann.“ Enzensberger zufolge handelt es sich also „um einen normalen, durchaus angesehenen Beruf; die führenden Köpfe dieser Informations-, Abwehr- und Planungsstäbe sind gewöhnlich fest davon überzeugt, daß ihre gemeinsamen Anstrengungen einzig und allein der Erhaltung des Friedens dienen.“

(…)