Geschichte der Leitungs- und Übertragungstechnik (Teil 2)
Die Abhandlung über die Geschichte der Leitungs- und Übertragungstechnik wurde im Heft 1/83 mit einer Betrachtung der Zusammenhänge zwischen Kommunikation und Übertragungstechnik, Ausführungen über die Anfänge der elektrischen Nachrichtenübertragung sowie Erläuterungen von Begriffen begonnen. Der erste Teil schloß mit einem Überblick über die Verantwortungsträger für die Entwicklung der Übertragungstechnik. Im vorliegenden Heft folgen die Entwicklung der Verstärker- und Trägerfrequenztechnik, eine Betrachtung der modernsten Technologien und ein Ausblick auf künftige Entwicklungen, die das Nachrichtenwesen verändern werden.
Einführung der Verstärker
Geschichtlicher Überblick
Die mit der Einführung des Fernsprechers ständig zunehmende Teilnehmerdichte und die Popularität, die dieses neue Kommunikationsmittel in wenigen Jahren erlangte, ließ die Forderungen nach Ausweitung der zunächst noch stark beschränkten Reichweite immer ausgeprägter werden. Der Stand der Technologie um die Jahrhundertwende setzte diesem Wunschdenken jedoch noch harte Grenzen. Zwar hatte die Bespulung der Leitungsadern – in Deutschland wird vorwiegend des Verfahren nach Pupin angewendet – in den folgenden Jahren erhebliche Fortschritte gebracht, aber selbst die genialsten Konstruktionen dieser Art konnten bei weitem nicht die von der Telegraphie her gewohnten Ergebnisse erzielen. Mit bespulten oberirdisch geführten Leistungen lagen die Reichweiten bei einer Trassenlänge von etwa 2000 km, was einer mittleren Entfernung von Berlin nach Rom entspricht, während man mit Kabeln auf nur 600km und bei sehr bescheidenen Ansprüchen an die Verständlichkeit und Lautstärke der Sprachwiedergabe auf etwa 700 bis 800km kam. Ein betriebssicheres und weitgehend gegen Fremdeingriffe geschütztes Fernsprechen ist – so waren such alle Techniker der damaligen Zeit einig – über oberirdische Leitungsführungen nicht realisierbar. Die bisherigen negativen Erfahrungen mit den Freileitungen bestärkten diese Aussagen und führten schließlich – wie schon im letzten Abschnitt erwähnt – zu der Entscheidung, alle Fernlinien zukünftig unterirdisch auszulegen. Beim Stand der Technik um 1910 war es möglich, von Berlin aus gemessen über Kabelleitungen die Entfernungen bis zu den Grenzen des damaligen Reiches zu überbrücken. In dieser Epoche wurde auch dann das in der ganzen Welt Bewunderung findende Rheinlandkabel von Berlin nach Köln/ Düsseldorf geplant und gebaut. Für den Fernsprechweitverkehr war damit jedoch noch längst nicht alles erreicht, denn bei den erzielbaren Reichweiten waren selbst innerdeutsche Ferngespräche von Grenze zu Grenze – also beispielsweise von München bis Hamburg oder von Krefeld bis Breslau – und weite Auslandsverbindungen nicht übel Kabel möglich. Der Gewinn durch die Bespulung lag also vielmehr nur darin, daß die schon vorhandenen, aber oft betrieblich unzuverlässigen Freileitungen mittlerer Länge gegen Kabel ausgewechselt werden konnten. Auch mit dem Rheinlandkabel verfolgte man in erster Linie diesen Zweck. Noch während dessen Bauzeit gelang den Technikern der entscheidende Durchbruch mit der Erfindung des Fernsprechverstärkers. Er veränderte die Lage von Grund auf.