Mit der Postkutsche über die Kurische Nehrung

Ein literarisches Denkmal von einem französischen Dichter

Ausgabe

DAS ARCHIV 2/1979

Autor: Gerhard Brandtner

Seiten: 34 – 36

Eine der merkwürdigsten Poststraßen führte in Ostpreußen von Königsberg nach Memel. Fast zwei Jahrhunderte lang ritten die Postreiter und fuhren die Postkutschen über die Kurische Nehrung. Erst ab 1833 folgte die Post den neu ausgebauten „Kunstraßen“ auf dem Festland über Insterburg und Tilsit, während auf der Kurischen Nehrung nur noch eine Botenpost verblieb, die zweimal wöchentlich die Nerhungsdörfer versorgte. Der große Durchgangsverkehr dagegen, der einen unabsehbaren Strom von Reisenden und Postsachen von und nach Rußland führte, benutzte dann statt der unsicheren Nehrungsstraße den sichereren Weg auf dem Festland, den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch die Eisenbahn wählte.

Die Kurische Nehrung ist ein Sandstreifen zwischen der Ostsee und dem Kurischen Haff, fast 100km lang, aber nur rd. 2km breit, an der schmalsten Stelle sogar nur 500 m breit. Riesige Wanderdünen, die eine Höhe bis zu 60m erreichen, bestimmen das Bild; nur wenige Waldstücke, Wiesen und Buschwerk lockern die Strenge des Eindrucks auf. Die Poststraße war durch Weidenbäume gekennzeichnet, die jedoch oft genug im Sand abgestorben waren und auf ganzen Wegstrecken fehlten. An ihre Stelle waren dann zum Teil Holzpfähle getreten, wie ein zeitgenössischer Schriftsteller zu berichten weiß. Wegen der häufigen Veränderungen durch Sandverwehungen und Treibsand blieb dieser Weg jedoch sehr beschwerlich und unsicher. Deshalb wurde sehr oft der Weg entlang der Küste gewählt. Der Strandsaum, vom Wasser bespült, war genügend feucht und hart, um einen Wanderer oder auch eine Kutsche zu tragen. Diese mußten jedoch den zahllosen Buchten folgen, die besonders die Haffufer kennzeichnen. Für gewöhnlich wurde von der Nordspitze der Nerhung bei Memel bis Rossiten (d.h. fast zwei Drittel des Weges) die Seeseite, von da ab die Haffseite benutzt.

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