Moscowitische Reisebeschreibung des Adam Olearius

Eine holsteinische Gesandtschaft des 17. Jahrhunderts am Zarenhof

Ausgabe

DAS ARCHIV 02/1973

Autor: Erich Kuhlmann

Seiten: 136 – 155

Des Boten Pflicht ist,
Botschaft nur zu bringen –
Aus dem Golestan des Scheichs Saadi
übersetzt von Adam Olearius

Die Gesandtschaft, wie wir sie aus Berichten des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit kennen, stellte eine Art des Übermittlungsverkehrs dar, der sich die Fürsten weltlichen wie geistlichen Standes sowie die großen Städte bedienten. Nur für den Bedarfsfall zusammengestellt, nahm die Gesandtschaft gleichsam eine Sonderform des Botenwesens ein. Freilich, die dem Gesandten übertragenen Aufgaben waren ungleich vielseitiger und verantwortungsvoller als die der gewöhnlichen Boten; je nach dem Willen seines Auftraggebers hatte er eine fest umrissene Befugnis zum Führen von Verhandlungen, oder aber er erschien gar als wirklicher Vertreter seines Entsenders mit reiner Machtbefugnis. Nicht zuletzt aber ging es um die dem Gesandten anvertraute Reputation und um prunkvolle Repräsentation, die den Stand des Auftraggebers sichtbar machen sollte. Gleich dem Boten kam auch dem Gesandten zu allen Zeiten eine völkerrechtliche Unverletzlichkeit zu.

Für die Nachwelt ist es von geschichtlicher Bedeutung, wenn neben den Gesandtenberichten auch Beschreibungen der bereisten Gebiete und Länder erhalten sind. Einer solchen Schilderung, in der auch die Verkehrsverhältnisse eine wichtige Rolle spielen, wollen wir hier folgen. Es handelt sich um den Bericht über eine Gesandtschaft in den Osten unseres Kontinents. Über diese Gebiete herrschten bis ins hohe Mittelalter bei den Westeuropäern meist nebenhafte Vorstellungen, die in den Fabeln und Legenden des Altertums wurzelten.

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