Neue Macht – Neue Grenzen: Bayern als souveräner Rheinbundstaat und sein Postwesen

Zwischen den Pariser Verträgen und dem Vertrag von Ried

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Süd, 2001

Autor: Horst Diederichs

Seiten: 43-110

Als Nachfolger des österreichischen Außenministers Graf Stadion hatte sich Fürst Metternich besonders ab Oktober 1809 mit Erfolg um eine Neuorientierung der österreichischen Außenpolitik mit Anlehnung an Frankreich bemüht. Weil Napoleons Ehe kinderlos war, hatte sich dieser durch Senatsbeschluss vom 16. Dezember 1809 von seiner Gemahlin Josephine scheiden lassen. Um nun auch die Zukunft seiner Dynastie zu sichern, dachte der Kaiser – vermutlich bereits seit den Tagen in Schönbrunn – an eine neue Heirat mit einer Habsburger Kaisertochter und deshalb an eine zukünftig enge Allianz mit Österreich. Fürst Metternich förderte ebenfalls diese neue Familienplanung; sowohl um dem besiegten Österreich eine Atempause zu verschaffen als auch die mögliche Alternative (Heirat der russischen Zarentochter Katharina) auszuschalten. Die nächste Kaiserin der Franzosen sollte eine Habsburgerin werden, die Tochter von Kaiser Franz I. Und diese neue Familienallianz ließ auch eine politische Annäherung der beiden Kaisermächte erwarten; – eine für Bayern, Württemberg und Baden alarmierende Entwicklung. Damit waren die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Napoleon und den Regenten von Bayern und Baden entwertet, denn aller Voraussicht nach schied Eugène Beauharnais nun als Thronerbe seines Stief- und Adoptivvaters als Vizekönig von Italien aus und die bayerische Königstochter würde nie den ihr zustehenden monarchischen Rang erhalten.

Dem französisch-österreichischen Gegensatz hatten die drei süddeutschen Staaten bisher ihre außerordentlich strategische Bedeutung zu verdanken. Wenn diese Konstante im europäischen Mächtesystem zukünftig entfiel, dann musste zwangsläufig der politische Stellenwert Süddeutschlands sinken und damit das Interesse Napoleons an den süddeutschen Verbündeten. Dies betraf insbesondere Bayern als größten deutschen Mittelstaat mit seinem bevorzugten Aufmarschgebiet in den Kriegen von 1805 und 1809 gegen Österreich an der Seite Frankreichs. Österreich – militärisch zur Räson gebracht und durch einen maßvollen Frieden und die eheliche Verbindung der Häuser Habsburg und Bonaparte halbwegs ausgesöhnt – konnte ein viel wertvollerer Verbündeter in einem zukünftigen Feldzug gegen England, Russland und/oder Preußen werden, weil Frankreich damit der Rücken freigehalten wurde. Bayern, Württemberg und Baden gerieten dabei plötzlich in eine gefährliche, undurchschaubare, unkalkulierbare und permanente Umklammerung und Bedrohung durch Frankreich im Westen, dessen Vasallenstaaten im nördlichen Deutschland und durch Österreich im Süden und Osten. Mindestens bestand nun die Gefahr, dass sich Frankreich mit Östereich auf Kosten der süddeutschen Regenten verständigen könnte.

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