Postkutsche und Frachter des Biedermeier

Ausgabe

DAS ARCHIV 01/1965

Autor: Ewald Lotzing, 23 Kiel

Seiten: 14 – 16

„Es schadet oft, es schadet oft, wenn man auf Reisen geht!“ singt Albrecht Lortzing in seiner Oper „Der Waffenschmied“. Der Komponist hat hierbei wohl auch an die vielen Fahrten gedacht, die er auf seinen Bühnenreisen in der Postkutsche zurücklegen mußte. Keiner war gezwungen, die Postkutsche öfter zu benutzen als er. Unter dem Theaterdirektor Josef Derossi gehörte er in der Zeit seiner frühen Wirksamkeit einer Bühnengesellschaft an, die das ABC-Theater genannt wurde, weil sie ihre Aufführungen auf eine Reihe von Städten verteilen mußte, die man nach der alphabetischen Reihenfolge aufzählen konnte: Aachen, Bonn, Köln, Düsseldorf, Elberfeld. Später kam es nicht anders. Da wurde von ein und derselben Gesellschaft in Detmold, Pyrmont, Münster, Hagen und Osnabrück gespielt, ganz zu schweigen von Reisen zu auswärtigen Gastspielen. Es wäre sonderbar, wenn sich unter solchen Umtsänden nicht ein berichtender Niederschlag über das Reisen in der Biedermeierzeit in Lortzings Briefen gefunden hätte. Ihm selbst machten die Beschwerden des Reisens nichts aus. Wir finden keinerlei Literaturstellen, in der entsprechende Klagen zu finden wären. Sobald er aber mit Angehörigen zu reisen genötigt war, zeigte er sich rührend um diese besorgt- 1826 siedelte er mit seiner Familie von Aachen nach Detmold über und diese Reise dorthin war besonders kein Vergnügen. So schreibt Lortzing darüber am 5, November 1826 an die Eltern:

„Detmold, den 5. November 1826. Liebe, gute Eltern! Gestern Mittag um 2 Uhr sind wir gesund und wohlbehalten in der Residenzstadt Detmold angekommen. Wir haben sehr schlechtes Wetter gehabt. Den ersten Tag fuhren wir bei schlechtem Wetter bis Schwelm, den zweiten bei gutem Wetter (das heißt soviel, als es regnete nicht) bis zu eibem Posthause 6 Stunden hinter Iserlohn; den dritten Tag bei fürchterlichem Wetter, so daß wir am Vormittag glaubtenm der Sturm würde den Wagen umwerfen, kamen wir bis Paderborn und am vierten Tage dann endlich bis hierher.“