Postmeister Albert Schröder in Minden

sein Kampf um die Führung der ersten brandenburgischen staatlichen Fahrpost von Berlin nach Cleve  durch das hildesheimische Gebiet statt über Braunschweig

Ausgabe

DAS ARCHIV 02/1966

Autor: Franz Oeters und Wilhelm Ortmann, 532 Bad Godesberg

Seiten: 2 – 31

  1. Vorverhandlungen und Vorarbeiten zur Einrichtung

Nach dem Erwerb von Cleve, Mark und Ravensberg durch den Vetrag von Xanten im Jahre 1614, der den Jülisch-Clevischen Erbfolgestreit beendigte, und nachdem Brandenburg durch den Westfälischen Frieden im Jahre 1648 die Bistümer Halberstadt und Minden sowie die Anwartschaft auf Magdeburg erhalten hatte, hatte der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg eine Reitpost von Berlin nach Cleve anlegen lassen. Sie führte zunächst auf dem Wege zwischen Halberstadt und Minden über die Städte Braunschweig und Hannover. Diese Route bot mancherlei Schwierigkeiten, denn es hatte sich herausgestellt, daß die Postillione im Winter oder bei Hochwasser die Ankunftszeiten in den Städten nicht einhalten konnten, auch dadurch aufgehalten wurden, daß sie nachts die Städte, die als Festungen ihre Tore geschlossen hielten, nicht passieren durften. Der Kurfürst erwog daher, diese Mängel durch eine andere Führung der Postlinie zu beseitigen. Am geeignesten war hierfür der Weg durch das zum Erzbistum Köln gehörende Stift Hildesheim. Es wurde von dem Domdechanten von Hildesheim, Jobst Edmund von Brabeck, als Statthalter verwaltet. Diesem übersandte der Kurfürst Friedrich Wilhelm unter dem 25. Juni 1682 mit dem Ersuchen um beste Empfehlung ein Schreiben an den Kölner Erzbischof, in dem dieser unter Darlegung der Gründe gebeten wurde, den Postillionen von Minden ab durch das Bistum Hildesheim auf gronau, Bodenburg, Boeckeln (Bockenem), Liebenburg nach Hornburg ins Halberstädtische den Durchgang zu gestatten, und zwar so, daß sowohl reitende Posten als auch allenfalls solche zu Wagen frei, sicher und ungehindert passieren und repassieren könnten. Hier taucht erstmalig der Gedanke auf, eine staatliche Wagenpost einzurichten. Der Statthalter gab das Schreiben unter dem 13. Juli 1682 weiter und schlug in seiner Mitteilung an der Kurfürsten hierüber vor, er möchte jemand von den Seinigen schicken, um die Route und die Stationen für die Postillione und Kuriere durch das Stift nach dem Fürstentum Minden auszukunden. Im übrigen empfahl er einen kürzeren, besseren Weg, nämlich aus dem Halberstädtischen auf Schladen, Liebenburg, Graßdorf, an Hildesheim vorbei nach Ruthe und von da durch das Hannöversche nach dem Schaumburgischen Knick, einem Wege von nur etwa 5 oder 6 Studen, und dann auf Minden zu, ohne daß Kuriere und Postillione verschlossene Festungen und Dörfer im Hannöverschen zu berühren brauchten. Bevor der Kurfürst dieses Schreiben beantworten konntem traf schon eine neue Mitteilung von Brabecks ein, daß auch „S Churfürstl. Durchlaucht zu Cölln“ und die Fürstliche Regierung in Hildesheim dem Wunsch Brandenburgs nicht zuwider seien und daß beiderseits eine Konferenz bestimmt wredne möchte. Hierbei mü0ten dann auch wegen dem im Halberstädtischen leider vorgekommenen Pestfälle Vorkehrungen getroffen werden, um ein Eindringen der Pest in das Stift Hildesheim zu verhüten. Daraufhin wurde der Geheime Sekretär Johann Friedrich Matthias unter dem 26. September 1682 beauftragt, nach Hildesheim zu fahren und die angeregten Verhandlungen zu führen.

Matthias traf auf dem ihm vorgeschriebenen Weg über Hamburg und Harburg am 10. Oktiber 1682 abends in Hildesheim ein und übergab dem Statthalter von Brabeck am 12. Oktober ein Schreiben seines Kurfürsten. In der anschließenden Unterredung eröffnete ihm der Statthalter, daß sein Kurfürst in Köln dem freien und sicheren Durchzug der brandenburgischen Postillione durch das Hildesheimische und der Anlage von Stationen an bequemen Orten zugestimmt hätte. Er versuchte, Matthias davon zu überzeugen, daß der von ihm, dem Statthalter, vorgeschlagene Weg über Schladen, Liebenburg und Graßdorf der beste und kürzeste sei. Er wies auf einen Einwand von Matthias darauf hin, daß die Postillione gerade auf dem vom Kurfürsten gewünschten Wege, dessen eigenen Absichten zuwider, verschiedene verschlossene Städte und Flecken passieren müßten, die zum Teil hannöversch und braunschweigisch wären und daß  dadurch die Posten des Nachts leicht aufgehalten werden könnten. dagegen stoße man auf dem Weg über Graßdorf, Hildesheim und Ruthe nur auf offene Dörfer, die alle zum Stift Hildesheim gehörten, und nur von Ruthe bis an den Schaumburgischen Knick, etwa 4 Studen lang, auf das Hannöversche, wo aber auch nur offene Dörfer lägen. Auf Barbecks Fragen erklärte Matthias, daß nur zwei Poststationen, etwa 4 oder 5 Stunden voneinander gelegen, im Stift nötig seien. Die angebotenen Roßdienste hildesheimischer Bauern würden wegen der vorhandenen eigenen Postillione und Postpferde voraussichtlich nicht in Anspruch genommen werden. Posten zu Wagen würden zu sehr aufgehalten werden. Wegen des bevorstehenden Winters, der schlechten Wege und der noch in einigen Orten anhaltenden Pest würde die Einrichtung der Post wohl bis aufs Frühjahr verschoben werden müssen.  Bei der Verabschiedung am Tage darauf erhielt Matthias vom Statthalter  ein Schreiben an den Kurfürsten mit einer Beschreibung der verschiedenen Wege, die aus dem Halberstädtischen durch das Stift Hildesheim nach Minden führen. Matthias brach am 15. Oktober wieder in Berlin ein. Unter dem 16. November ließ der Kurfürst den Statthalter wissen, daß er auf dessen guten Rat dem vorgeschlagenen Weh über Graßdorf zustimme. „Wegen der infection wird Vermittelst gottlicher gande nichts zu besorgen sein; angesehen keiner von unseren im Halberstädtischen liegendenr Postreuter biß Hersen, von dannen der daselbst aufmarschierender Postillion bis Mele (Mehle) reiten, und also bloße FellEißen mit dem brieffen durchbringen.“

 

(…)