Reform und Ausbreiting des preußischen Talers

Ausgabe

DAS ARCHIV 01/1976

Autor: Herbert Rittmann

Seiten: 73-80

Wir kehren zum preußischen Münzwesen zurück, wie es nach dem Siebenjährigen Krieg gestaltet wurde. Nun waren die groben Kurantmünzen geordnet, aber bald erhob sich ein lästiges Scheidemünzenproblem. In der neuzeitlichen Metallwährung, wie sie sich im 19. Jahrhundert entwickelte, war die Scheidemünze eine unterwertige Kleinmünze zum Ausgleich keiner Beträge. Sie hatte nur deswegen den vollen Wert als Bruchteil der Kurantmünze, weil sie der Staat mit diesem Wert annahm und so ihren Wert garantierte. Der Weg dahin war aber weit. Lange Jahrhunderte gab es unterwertige Kleinmünzen, denen diese Garantie fehlte und die daher im Verkehr nur nach ihrem innerenm geringen Wert genommen wurden. In Deutschland kam man zum modernen Scheidemünzenbegriff erst 1821 (Preußen) und 1837 (Süddeutschland). Lediglich in Österreich waren die Kupferkreuzer und ihre Teilmünzen schon seit dem 18. Jahrhundert Scheidemünzen in diesem Sinne. Daß der preußische Staat die Kleinmünze als Problem nicht bewältigen konnte, führte im 18. Jahrhundert zu eigenartigen Verhältnissen. Ab etwa 1779 ließ man weit mehr Gute Groschen und Keinmünzen ähnlicher Art für die östlichen Provinzen prägen, als der Verkehr verlangte, weil bei ihnen der Münzgewinn groß war, angesichts ihres geringeren Metallwerts. Es waren die „Groschen Nominalmünze“ (Eingroschenstücke, „24 einen Thaler“; weil sie den Groschen als „Nominal“ darstellten). Der Staat gab sie zwar – etwa bei Gehalts- und Soldzahlungen – für „24 auf den Taler“ aus, nahm sie aber mit diesem Wert nicht mehr zurück, wenn Abgaben zu entrichten waren.

So bildete sich für sie ein Kurs, der unter dem des Talers in Kurant lag. Ebenso wie ein Vertrag auf Zahlung in Gold lauten konnte, konnte auch Zahlung in Silberkurant oder in Groschen Nominalmünze vereinbart sein. Je nach den Wertverhältnissen (nämlich nach dem Silbergehalt, so wie der Handel ihn einschätzte) war vei Zahlung in Groschenstücken ein höherer Betrag zu entrichten: der „Taler“ in Groschen Nominalmünze (24 Groschenstücke) hatte gegen den „Taler“ in Kurantgeld ein Disagio. Jede Ware, jede Dienstleistung hatte also dem Betrag nach verschiedene Preise, je nachdem ob Zahlung in Gold, in Kurant oder in Groschen vereinbart war. Als 1806 mit den Tresorscheinen noch ein Papiergeld dazukam, dessen Kurs schwankte und sich an der Börse frei bildete, war man bei vier „Währungen“ angelangt. Aber der Mißstand mit den Groschen war schon unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797) eingerissen. Man versuchte, das Übermaß der Ausgabe dadurch zu verschleiern, daß man mit alten Stempeln aus der Zeit Friedrichs d.Gr. prägte. Bis 1808 schwankten die Kurse, aber in diesem Jahr wurden die Groschen offiziell auf zwei Drittel ihres Nominalwerts herabgesetzt. Nun waren sie trotz ihrer Aufschrift nicht mehr 1/24, sondern 1/36 des Talers, und damit nicht mehr Stücke zu 12 Pfennig, sondern nur noch von 8 Pfennig; die Kupfermünzen zu 1 bis 4 Pfennig hatten an dieser nicht teilgenommen. Da der Staat die Groschen zu diesem Kurs aber nicht selbst annahm, zeigte sich rasch, daß der neue Wert noch immer zu hoch angesetzt war. 1811 wurden die Gorschen dann auf 1/42 des Talers gesetzt. Zu diesem Wert erachtet sie der Staat jetzt auch bei den Steuerzahlungen als dem Taler gleich, und so war damit der gespaltene Kurs überwunden.

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