Schutzmaßnahmen gegen Raubüberfälle auf Geldbriefträger

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„Denke stets an die Gefahr eines Überfalls!“

Schutzmaßnahmen gegen Raubüberfälle auf Geldbriefträger

Ausgabe

DAS ARCHIV 1/2021

Autor: Joel Fischer

Seiten: 38-41

In Deutschland haben heute 99 Prozent aller Erwachsenen ein Girokonto und können Geldbeträge bequem überweisen. Ende des 19. Jahrhunderts war das nur bei den oberen Zehntausend der Fall. Der Rest schickte Geld, wenn überhaupt, per Postanweisung – Geldbriefträger stellten es zu. Deren Arbeit war gefährlich, denn das Bargeld lockte Diebe und Räuber an, von denen einige auch vor Mord nicht zurückschreckten.

Ab 1932 wurden die Geldbriefträger in den Postsportvereinen in der Kampfkunst Jiu-Jitsu unterwiesen, damit sie – wie dieser Beamte 1938 in Hamburg – unerwartete Angriffe effektiver abwehren konnten

Im Frühjahr 1883 sorgte ein spektakulärer Mordfall für Gesprächsstoff im gesamten Kaiserreich. Ein 26-jähriger Mann in Berlin, der sich als Ernst Sander ausgab, hatte sich selbst eine Postanweisung geschickt, die ihm der Geldbriefträger Kossäth am 12. März zustellte. Sander bot dem Zusteller ein Bier an, doch als der die Flasche zum Mund führte, schlug Sander ihm hinterrücks den Schädel ein. Als Kossäths Leiche gefunden wurde, war Sander samt dem Inhalt des Geldbeutels verschwunden. Die Presse berichtete ausführlich über den Fall, und so las kurz vor Ostern 1883 auch Unteroffizier Ernst Sobbe in Marburg am Früstückstisch von dem Mord. Doch kaum hatte er gegenüber seiner Schwester sein Bedauern geäußert, dass der „Mordbube“ noch immer nicht gefasst sei, klingelte es an der Tür. Draußen standen zwei Kriminalbeamte, die Sobbe verhafteten und abführten. Aufgrund der Täterbeschreibung in der Presse hatte sich eine Kellnerin an den jungen Mann erinnert, der sich laut in eine Stammtischauseinandersetzung über Kavallerieattacken eingemischt und stolz seinen Militärpass vorgezeigt hatte. Dadurch wusste sie, dass der Gesuchte Ernst Sobbe hieß, und lieferte so den entscheidenden Hinweis zur Ergreifung des Täters. Erdrückt von der Beweislast, gestand Sobbe den Mord und erklärte, dass er das Geld für die Eröffnung eines Geschäfts benötigt habe. Vier Wochen nach seiner Festnahme verurteilte ihn das Landgericht Berlin zum Tode.

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