Am 20. Juni 1983 wurde in Frankfurt am Main die erste deutsche Telefonkarte ausgegeben.

Zehn Jahre später waren mehr als hundert Millionen dieser Karten verkauft. Schnell entstand, ähnlich wie bei Briefmarken, eine Sammlerszene, und zu den unterschiedlichsten Anlässen wurden besondere Telefonkarten verausgabt. So schätzte sich 1990 jeder glücklich, dem der Direktor des Bundespostmuseums, Thomas Werner, anlässlich der Eröffnung des Neubaus eine der Telefonkarten mit dem bekannten „Hummertelefon“ in die Hand drückte. Wertvoll wurden nur wenige der Karten: Bei Ebay sind heute rund 17 000 Exemplare oder Konvolute im Angebot, und meist starten die Auktionen bei ein bis zwei Euro. Zwischen 2000 und 2003, als der Boom sich durch die Verbreitung der Mobiltelefone schon dem Ende zuneigte, wurden sogar Collector-Karten produziert, die in geringen Auflagen und in unterschiedlichsten Materialien wie Holz, Glas, Papier oder Blech hergestellt waren. Im Michelkatalog – der letzte zu Telefonkarten erschien 2005 – waren sie aufgelistet, aber die Preise sind, so Insider im Netz, seither gefallen.

Nie gefallen sind die Preise für den, der einfach nur aus Freude am Motiv eine Karte behalten hat, sei es als Erinnerung an die Sonnenfinsternis oder weil es schön ist, einen Schmetterling in der Tasche zu haben oder weil man sich ein Originalkunstwerk dieses oder jenes Künstlers nicht leisten könnte. Einen Blumenstrauß von Gerhard Richter sicher die wenigsten: „Es ist die höchste Summe, die jemals bei einer Kunstauktion erzielt wurde: Bei Christie’s in New York sind zeitgenössische Kunstwerke für insgesamt fast eine halbe Milliarde Dollar versteigert worden. Für ein Gemälde zahlte ein Käufer fast das Doppelte des Schätzwerts“ – so titelten die Feuilletons Mitte Mai 2013 nach der Auktion in den USA. Mit unter den rekordverdächtigen Arbeiten, allerdings schon am Vortag bei Sotheby’s in New York für rund 29 Millionen Euro versteigert – eine Arbeit von Gerhard Richter, „Domplatz, Mailand“.

Der Maler aus Köln, jüngst auch porträtiert in einem sehenswerten Kinofilm, bricht seit Jahren alle Rekorde auf dem Kunstmarkt. Wer keine Unsummen aufbringen kann und doch „einen Richter“ sein eigen nennt, hat das Bild im Zweifel schon vor vielen Jahrzehnten gekauft, als die Preise noch erschwinglich waren. Oder: man hat eine Telefonkarte.

Richter, 1932 in Dresden geboren, hat dort ab 1951 die Hochschule für Bildende Künste besucht. 1955 gestaltete er ein Wandbild im Hygienemuseum in Dresden. 1961, nach einer Reise in die Sowjetunion, ließ der Künstler seine Koffer in Berlin, kehrte am nächsten Tag mit seiner Frau zurück und sie fuhren nach Westberlin. Über ein Flüchtlingslager in Göttingen gelangte Richter nach Düsseldorf, wo er sich erfolgreich an der Kunstakademie bewarb. Ab 1962 begann er, fotorealistische Bilder zu malen. Es sind maßgeblich diese Arbeiten, die seinen heutigen Ruhm begründen.

Eines seiner Motive, ein prächtiger Lilienstrauß – das Original befindet sich in einer Sammlung in Chicago – wurde in den 1990er-Jahren zum Motiv einer Telefonkarte, die in damals in limitierter Auflage von der Deutschen Aids-Stiftung herausgegeben wurde. Neben Claes Oldenburg und Heinz Mack trug Richter auf diese Weise dazu bei, die Bonner Stiftung zu unterstützen.

 

 

 

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