Letzte Woche ist in der Albertina, dem imposanten Wiener Ausstellungshaus, anlässlich des 65. Geburtstags von Gottfried Helnwein eine Retrospektive mit mehr als 150 Arbeiten aus allen Werkphasen des Künstlers gestartet. Nicht dabei: das beeindruckende Aquarell „Fräulein vom Amt“ – ein Ausschnitt des Bildes ziert das vielbeachtete Cover der Ausgabe 1_2013 von DAS ARCHIV. Es ist, wie andere Werke des Künstlers in der Sammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation, eine Auftragsarbeit, die Anfang der 1990er-Jahre entstand. Eigentlich geplant als Motiv für ein Plakat zur gleichnamigen Ausstellung, schien die hyperrealistische Arbeit dann für diesen Zweck zu provokant.

Die mit trotzig selbstbewusstem Blick zum Betrachter aufschauende junge Frau, mit nichts bekleidet als dem metallenen Sprechzeug, verkörpert auf subtile Weise das Bild des „Fräuleins“ von der Post, der es über Jahrzehnte verboten war, zu heiraten, wollte sie ihren Beruf ausüben. Was – zumal Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ─ natürlich auch hieß, keine nichtehelichen (Liebes) Beziehungen einzugehen. Sexualität war tabu, und gerade dadurch wurden die sehr jungen und attraktiven Frauen Gegenstand erotischer Phantasien. Insofern ist die Arbeit durchaus „typisch Helnwein“, als die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Tabuthemen charakteristisch ist für sein Werk. „Bekannt wurde Helnwein vor allem durch seine hyperrealistischen Bilder von verwundeten und malträtierten Kindern. Schmerz, Verletzung und Gewalt sind wiederkehrende Motive seiner beunruhigenden und aufwühlenden Arbeiten“, heißt es im Begleittext zur Wiener Ausstellung.

Geboren wurde Helnwein in Wien, als Sohn eines Postbeamten. Dass er seine Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit als trostlos und düster empfand, und dass erst Comic-Hefte etwas Farbe in sein Leben brachten, hat er wiederholt geäußert. Mangels Alternativen wurde er Maler, zuletzt ausgebildet an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Rudolf Hauser. Zeichnung und Malerei beherrscht der Künstler meisterlich, daneben gehört die Fotografie zu seinen bevorzugten Medien.

In der Sammlung der Museumsstiftung gibt es neben der vorgestellten Arbeit „Fräulein vom Amt“ weitere Arbeiten, die mit der Geschichte der Kommunikation in Beziehung stehen. Es sind dies zum einen die Porträts von Männern, die für die Geschichte der Telefonie von Bedeutung sind, zum anderen das den Besuchern des Museum für Kommunikation in Frankfurt bekannte Diptychon; das zweiteilige Bild zeigt Marilyn Monroe und John F. Kennedy, sie mit Brief und in erotischer Pose, er am Telefon ─ Medien, die für die Beziehung der berühmten Protagonisten eine Rolle spielten.

Ausstellung in Wien: 25.5.-13.10.2013

 

„Pioniere des Telefons“

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