Das Azorenkabel verbindet Emden mit New York

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte 1992/1

Autor: Michael Weisfeld

Seiten: 61-65

Am 1. September 1926 lag der deutsche Kabeldampfer „Norderney“ im Hafen von Horta auf der Azoreninsel Fayal. Das neue Seekabel von Emden nach Horta war bereits gelegt, an Bord hatte die „Norderney“ das Landkabel für die Strecke vom Strand bis zum internationalen Telegrafenamt von Horta, dem „Trinity House“. Um neun Uhr morgens, während portugiesische Hafenarbeiter das Kabel ausluden, setzte ein starkes Erdbeben ein. Die Schauerleute ließen ihre Arbeit liegen, und auch an ein Verlegen des Kabels war wegen der Erdbebenkatastrophe vorerst nicht zu denken. In der Stadt waren Tote zu beklagen, viele Häuser waren zerstört, auch die Gebäude der „Deutsch-Atlantischen Telegraphengesellschaft“ (DAT) waren beschädigt. Nachwuchskräfte der Gesellschaft, die in Horta an dem neu verlegten Kabel Dienst tun sollten, saßen zu der Zeit noch in der DAT-Telegrafenschule im ostfriesischen Emden und lernten die Technik der Fernkommunikation dieser Zeit. Im März des folgenden Jahres kamen sieben „DAT-Jünglinge“ mit dem Passagierdampfer aus Lissabon in Horta an, die besten ihrer Klasse, denn der Einsatz auf den Azoren war sehr begehrt und galt als besonderes Privileg. Einer von ihnen war Johannes Weerts, heute schon über 80 Jahre alt, Postpensionär, wohnhaft in seiner Heimatstadt Emden.

Die „Jünglinge“ ergänzten die DAT-Mannschaft, von der die meisten Angestellten schon vor dem Ersten Weltkrieg auf dem portugiesischen Archipel mitten im Atlantik, Dienst taten. Vor mehr als 90 Jahren, im September 1900, war das erste Kabel, das Emden mit Horta verband, in Betrieb gegangen. Hier war es mit dem US-amerikanischen Kabel von Horta nach New York verbunden worden, und so konnten Kunden der Reichs-Post- und Telegrafenverwaltung erstmals direkt mit Partnern in den Vereinigten Staaten telegrafieren. Der Erste Weltkrieg machte dem ein Ende, schon in den ersten Kriegstagen schnitten die Engländer das deutsche Azorenkabel im Ärmelkanal in Stücke. Erst 1927 ging das neue, leistungsfähigere deutsche Kabel in Betrieb. Die Deutschen kehrten in den internationalen Kabelclub von Horta zurück.

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