Der späte Durchbruch der Videokonferenz

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Face to face trotz Corona-Shutdown und Isolation

Der späte Durchbruch der Videokonferenz

Ausgabe

DAS ARCHIV 2/2020

Autorin: Tanja Neumann

Seiten: 8-15

Die Verbreitung des Coronavirus hat ab März 2020 das öffentliche Leben in vielen Ländern lahmgelegt. Ein Drittel der Menschen konnte ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen, zahlreiche Branchen mussten direkte Kunden- oder Klienten-Kontakte durch virtuelle Angebote ersetzen, genauso wie sich Schüler*innen und Lehrende, Enkelkinder und Großeltern oder Freunde auf der ganzen Welt nur noch via Bildschirm begegneten. Eine 90 Jahre alte Technologie, die sich bisher nie so ganz durchsetzen konnte, gelangte zur lange verheißenen Blüte.

Ende 1983 betrieb Siemens das Pilotprojekt „Siconet“, zunächst für Büroanwendungen bei Siemens selbst. Es sah die Integration der vorhandenen Postdienste vor. Angeschlossen waren auch Bildtelefone des Typs Vicoset 200, dessen Farbbild, so ein Pressetext, „in seiner Qualität dem vom Heimfernsehempfänger gewohnten PAL-Standard“ entsprach

In den 1980er-Jahren gab es vielfältige Versuche, Videokonferenzen zu etablieren; hier ein Videokonferenz-Raum in Hannover im Juni 1985

„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, das Coronavirus verändert zurzeit das Leben in unserem Land dramatisch.“ Am 18. März 2020 wandte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Fernsehansprache an die Deutschen und forderte dazu auf, zwischenmenschliche Kontakte außerhalb des eigenen Haushalts auf ein absolut notwendiges Minimum zu reduzieren, um die Ausbreitung des Coronavirus so stark zu verlangsamen, dass alle Kranken medizinisch versorgt werden könnten. Damit ging nach der Schließung von Kindertagesstätten, Schulen und Bildungseinrichtungen auch die Aufforderung an die Unternehmen einher, ihrem Personal soweit wie möglich die Arbeit im Home Office nahezulegen. Nur systemrelevante Berufsgruppen sollten wie gewohnt weiterarbeiten – in Supermärkten, auf Müllfahrzeugen, in Arztpraxen oder Krankenhäusern. Eine massive Einschränkung des gewohnten Lebens brachte das am 22. März verhängte sogenannte Kontaktverbot – für die Dauer der Maßnahme blieb nur das Treffen mit höchstens einer „nicht zum eigenen Haushalt gehörenden Person“ erlaubt, und auch dabei sollte ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden. Von Beginn der Pandemie an galt die Empfehlung, wo und wann möglich zu Hause zu bleiben und insbesondere ältere und vorerkrankte Menschen nicht zu besuchen. Ähnliche Regelungen, bis hin zur kompletten Ausgangssperre, erließen die meisten europäischen Länder sowie Nordamerika und andere Regionen der Welt. Eine nie da gewesene Situation, einmalig in der Geschichte, die die Menschen im Beruf wie privat vor neue Herausforderungen stellte. In dieser Zeit wurde eine Technologie, längst erfunden, oft gepriesen und doch nie so ganz zum Durchbruch gelangt, unverhofft zum Medium der Wahl – die Videotelefonie.

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