„Frei laut Aversum No.6“

Die Ablösung der Portbeträge für Postsendungen in Staatsdienstangelegenheiten in Lippe in den Jahren 1872 bis 1928

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich West, 1997

Autor: Gustav Strunk

Seiten: 9-26

Jahrhundertelang hatten die Träger der Post den Landesherren, deren Territorien die Postrouten durchquerten, die kostenfreie Besorgung ihrer Briefschaften gewähren müssen. So hatten sich Seine Hochgräfliche Gnaden, Graf August Simon zur Lippe, in der Convention vom 30. Juli 1774 von der Königlich Preußischen Post die portofreie Beförderung sowohl der privaten als der die Staatsangelegenheiten betreffenden Post sowie von „Victualien“ bis zu zwanzig Pfund posttäglich auf der neu einzurichtenden Fahrpostlinie Detmold-Lemgo-Bielefeld ausbedungen. Derselben Übung entsprechend war im „Traktat über die Abtretung der Posten des Fürstenthums Lippe an das Königreich Westphalen“ vom 13. Juni 1808 auch Ihrer Hochfürstlichen Durchlaucht, der Fürstin-Regentin Pauline, nicht nur die Zahlung von jährlich 2000 frcs., sondern für sich und die „Prinzen und Prinzessinnen Ihres Hauses“ uneingeschränkte Portofreiheit im Bereich des Fürstentums sowie – darüber hinaus – für den die Regierungsgeschäfte betreffenden Postverkehr auch innerhalb des Königreichs Westphalen zugesichert worden.

Mit zunehmendem Postaufkommen und damit steigender Rentabilität des Postbetriebes waren diese Privilegien stets ausgeweitet worden; sie hatten Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer schließlich unübersehbaren Belastung des Postfiskus geführt. So sahen die von der Fürstlich Lippischen Regierung am 1. Mai 1834 mit dem Königlich Preußischen General-Postamt und am 6. November 1834 mit der Kurfürstlich Hessischen General-Postdirektion – die gleichzeitig als „General-Direction“ der Fürstlich Thurn und Taxisschen Posten tätig wurde – geschlossenen Verträge für den regierenden Fürsten und seine im Fürstentum Lippe wohnenden Angehörigen die persönliche Portofreiheit vor, und zwar für alle Brief- und für Geldsendungen bis 800 Thaler und für Pakete bis zum Gesamtgewicht von 150 Pfund posttäglich; ebenfalls die persönliche Portofreiheit hinsichtlich ihrer Briefpost war den leitenden Staatsbeamten ausbedungen worden; und schließlich war der gesamte behördliche Postverkehr unentgeltlich zu besorgen.

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