Die Berliner Post während der Blockade

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte 1999/1

Autor: Clemens Schwender

Seiten: 30-38

Am 15. Juni 1948, also fast zwei Wochen vor der Blockade, erging an den Leiter der Abteilung Post- und Fernmeldewesen des Magistrats der Befehl Nummer 233 durch den Chef der Abteilung Post- und Fernmeldewesen der Verwaltung des Militärkommandanten des sowjetischen Besatzungssektors: „Zum 19. 6. 48 ist der sowj. Zentralkommandatur eine zusammenfassende Beschreibung einzureichen über: […] die allmähliche Entwicklung der Tätigkeit der Post und des Fernmeldewesens für die deutsche Bevölkerung mit Angabe der Befehle der Alliierten Kommandatur (genaue Angabe der Nummern).“ Hatte Gardeoberst Stawrow, der den Befehl ausgab, den Überblick über die Befehle in seiner Verantwortung verloren? Gingen sie in den Wirren der Nachkriegszeit unter? Oder handelt es sich bereits um die gezielten Vorbereitungen zur Blockade der Westsektoren von Berlin?

Mein Beitrag sollte ursprünglich der Frage nachgehen, wie eine staatliche Behörde – die Deutsche Post – mit einer chaotischen Situation, wie es Blockade und Luftbrücke waren, umging. Meine Erwartungen lagen irgendwo zwischen Chaos-Management, dem Human Touch der kleinen Helden, die sich mit privatem Engagement für ihre Behörde einsetzen und der geistigen Unbeweglichkeit eines Dinosauriers, dem es schwerfällt, sich flexibel und schnell auf neue Situationen einzulassen. Bei der Recherche stellte sich schließlich heraus, daß das Post- und Fernmeldewesen durchaus im Zentrum der Auseinandersetzungen stand. Vor allem der Paket- und Briefdienst wurde zum Austragungsort von Einschränkungen und Gegenmaßnahmen. Es verwundert, daß dieser Bereich der Geschichte bislang noch nicht zusammenhängend dokumentiert war. Ich hatte das Glück, die zentralen Akten, Dokumente und öffentliche Diskussion, wie sie in den Tageszeitungen damals aktuell geführt wurde, an einem Ort gesammelt vorzufinden. Darüber hinaus nutze ich Dokumente der Deutschen Wirtschaftskommission und die Memoiren von Ernst Kehler.

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