Vom Posttöchterhort zur Fachhochschule

Exkurs in die Geschichte eines Hauses und seiner Bewohner in Naumburg

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Ost, 2001

Autor: Gerhard Schmidt

Seiten: 30-36

Für viele ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Deutschen Post in der DDR verbinden sich mit dem Haus Neidschützer Straße 31 in Naumburg Erinnerungen, weil sie dort längere Zeit zur beruflichen Aus- und Weiterbildung weilten. Das Haus verdient es jedoch nicht nur deshalb, vor dem Vergessen bewahrt zu werden. Seine Geschichte begann ja nicht erst als Ausbildungsstätte für junge Postler im Jahre 1951, sondern mit seinem Bau als Heim für verwaiste Töchter von Beamten der Deutschen Reichspost in den Jahren 1928/29. Die kurze Darstellung der Geschichte des Hauses und seiner Bewohner kann und soll gründliche Forschungen über das Wirken des Posttöchterhorts, später umbenannt in Postwaisenhort, nicht ersetzen, schon gar nicht Untersuchungen zur Fachausbildung bei der Deutschen Post.

1927 fasste der Hauptausschuss der Stiftung des Posttöchterhorts den Beschluss, ein Haus für verwaiste Töchter von Postbeamten zu bauen. Diese Töchter waren keine Kinder, sondern Frauen im fortgeschrittenen Alter, die nach dem Tode ihrer Eltern unversorgt blieben. Die Verantwortlichen der Stiftung und einflussreiche Beamte im Reichspostministerium wollten diese Frauen bis zu ihrem Lebensende ein sorgenfreies Leben ermöglichen und ihnen eine Einweisung in ein Armenhaus ersparen.

Naumburg wurde ausgewählt, weil es geographisch zentral gelegen war und mit seinem Umland (Bad Kösen, Freyburg, Saaletal) und seiner sozialen Struktur als Beamtenstadt gute Voraussetzungen für einen angenehmen Aufenthalt der älteren Damen besaß. Im Frühjahr 1928 wurde der erste Spatenstich getan, und schon im Herbst 1929 zogen die ersten Bewohnerinnen in das Posttöchterheim ein. Den Projektanten und Bauunternehmen kann man aus heutiger Sicht, 70 Jahre danach, bescheinigen, dass sie ihren Auftrag vorbildlich erfüllten. Die Kapazität war für 80 Insassinnen ausgelegt. Jeder Bewohnerin stand ein eigenes Zimmer zur Verfügung. In jedem Geschoss gab es Toiletten und Badezimmer für jeweils 10 bis 12 Wohn-Schlafzimmer. Dieser Standard entsprach den damaligen Bedürfnissen und wirtschaftlichen Möglichkeiten. Zur Versorgung der Heimbewohnerinnen standen eine moderne Gemeinschaftsküche, ein Speisesaal, eine Waschküche, eine elektrische Wäscherolle, ein Lastenaufzug u.a. zur Verfügung.

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