Ich war Postoberschüler der Postoberschule Heidelberg

(Höhere Schule der Deutschen Reichspost)

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Mitte, 1999

Autor: Günter Droese

Seiten: 77-85

Am 1. April 1940 trat ich als Postjungbote in den Dienst der Deutschen Reichspost. Meine Ausbildung für den einfachen Postdienst bekam ich beim Postamt Stettin 1. Ich begann sie im Briefabgang. Die Briefkastenleerer, die damals mit Motorrad mit Beiwagen führen, brachten die Sendungen auf einen großen Ausschüttetisch. Auf diesem landeten auch die Sendungen aus den Hausbriefkästen des großen Postamtsgebäudes mit einem Laufband. An dem Tisch wurden die Briefe und Postkarten sortiert und nach der Stempelung auf die Orte in Pommern, im übrigen Reichsgebiet verteilt und zum Postbahnhof gebracht. Im Briefeingang und in der Briefzustellung wurde ich in den Orts- und Landzustelldienst eingewiesen.

Die Ortszustellung war zu meiner Zeit (1940/41) zweimal am Tage, vormittags und ab 14 Uhr auch noch nachmittags. Ich kann mich erinnern, daß in den 30er Jahren sonntagvormittags Briefpost zugestellt werden mußte. Selbstverantwortlich mußte ich arbeiten, wenn nachmittags ein Zusteller fehlte. Damals gab es noch keine Hausbriefkästen. Die Briefsendungen wurden bis vor die Wohnungstür gebracht. Die volle Zustelltasche durfte nicht im unteren Hausflur abgestellt werden. Beschwerlich war die Landzustellung mit Fahrrad vollgepackt mit Zustelltasche, Päckchen und Paketen vorn und hinten auf den Gepäckträgern, so daß das ganze Fahrrad beim Fahren wackelte und man gerade noch über aufgepackte Pakete hinwegsehen konnte. Etwas Besonderes war in Stettin die Wasserpost. Für die Zustellung im Wasserbereich gehörte zum Hauptpostamt ein Motorboot, das im Bootshaus auf den Bleichholm festgemacht war. Nach der Zustellungsvorbereitung im Hauptpostamt, das unmittelbar an der Oder lag, wurde nach Übersetzen mit Barkasse von der Hakenterrasse aus zum Bootshaus das Motorboot von einem Postschaffner, der einen Motorbootführerschein hatte, klar gemacht und zur Anlegestelle am Hauptpostamt gesteuert. Hier wurden die Brief- und Paketsendungen eingeladen. Und dann ging die Wasserpost ab. Volle Kraft voraus zu den in den Wasserarmen der Oder vor Anker liegenden Schiffen, den Wohnbooten, den vielen Inseln am und im Dammschen See, denn auch hier mußten Postsendungen zugestellt werden. Zu einer Fahrt mit dem Postboot gehörte im Sommer eine Badehose, während einer Motorpause zur Abkühlung des Motors wurde ein Bad im Dammschen See genommen.

(…)