Konservieren statt erneuern

Der älteste deutsche Bahnpostwagen von 1888 wurde unter der Obhut des Museums für Kommunikation Nürnberg konserviert

Ausgabe

Das Archiv 1+2/2002

Autorin: Beate Spiegel

Seiten: 20-31

Heute wird die Post auf der Schiene nur noch im Containerbetrieb im „Parcel-Intercity“ befördert. Die Bahnpost wurde nach rund 150 Jahren Betrieb, am 1. Juni 1997, Geschichte. Die Umstellung vom Beuteltransport auf den Behälterverkehr und die Neuordnung des Postumschlages auf Briefpost- und Frachtzentren mit Transport auf die Straße führte zur Einstellung der bereits stark dezimierten Bahnpost. So ließen die Deutsche Bundespost bereits 1973 und die Deutsche Post der DDR 1978 ihre letzten Bahnpostwagen bauen. Nicht erst seit ihrer Einstellung ist die Bahnpost eines der wichtigsten Sammlungsgebiete des Museums für Kommunikation Nürnberg, zumal die Bahn durch das ebenfalls im Vekehrsmuseum Nürnberg beheimatete DB Museum prominent vertreten ist. Mit der aufwändigen Konservierung des ältesten deutschen Bahnpostwagens unter der Obhut des Museums für Kommunikation Nürnberg konnte jetzt ein einzigartiges Objekt zur Kulturgeschichte der Post in seiner Substanz gesichert werden. Die zwei Jahre dauernden Konservierungsarbeiten wurden von Befunduntersuchungen und Recherchen zur Geschichte des Wagens begleitet, die unsere Kenntnisse über den Umgang mit Bahnpostwagen erheblich erweitern.

Als Bahnpost bezeichnete man Dienststellen, die in eigens konstruierten Bahnpostwagen bzw. Postabteilen Briefe, Wertsendungen, Pakete, Zeitungen und andere Massendrucksachen beförderten und während der Fahrt „umarbeiteten“, also sortierten. Abweichend vom „normalen“ Postbetrieb zeichnete sich die Arbeit der Bahnpostler durch einige Besonderheiten aus: Die Post wurde stehend im fahrenden Wagen auf engstem Raum unter größtem Zeitdruck bearbeitet, sortiert und die Ladung während des fahrplanmäßigen Haltes ausgetauscht. Waren die Wagen an einen Personenzug angehängt, verblieben nur drei bis vier Minuten, um die während der Fahrt innen vor die Eingangstüren gestapelte Post auszuladen und neue Sendungen aufzunehmen. Etwas mehr Zeit war für die Umladung der Postzüge eingeplant, die aus mehreren Bahnpostwagen bestanden und in den Abend- und Nachtstunden zwischen den großen Bahnpostbeamten im Schichtdienst arbeiteten und die freie Zeit bis zur Rückfahrt am nächsten Abend in so genannten Überlagern, meist posteigene Heime mit sehr unterschiedlichem Komfort, verbringen mussten.

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