Stephan und die Leipziger Postpaläste

Ausgabe

Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Ost, 1998

Autor: Bernd Haube

Seiten: 65-69

Am 8. April 1897, vor etwas mehr als 100 Jahren, starb Heinrich von Stephan, der hochgelobte, vielgescholtene Generalpostmeister und Staatssekretär des Reichspostamtes, der die Post zu einer „der Beförderung des Gemeinwohls verpflichtenden einheitlichen Staatsverkehrsanstalt“ geformt hatte. Unzählige Nachrufe und Biographien würdigten seither die bemerkenswerte Karriere des Stolper Schneidersohns vom Postschreiber zum Chef des Reichspostamtes, rühmten seine außergewöhnlichen Fähigkeiten und Verdienste, nahmen aber auch seine Fehlleistungen und menschlichen Schwächen aufs Korn. Oft lobten sie ihn so, wie er es zu Lebzeiten wohl nicht ungern gehört hätte, als den Besten, den Klügsten, Eifrigsten und Geistreichsten; Stephan, der Redner und Sprachpfleger, der Postreformer und Gründer des Weltpostvereins, der Vereiniger von Post und Telegraphie, der Pionier der Einführung des Fernsprechers in Deutschland; Stephan das Finanzgenie und der Baumeister.

Kunstbeflissen und eitel, fand Stephan besonders als „Postbaumeister“ reichlich Gelegenheit, aller Welt seine rhetorischen, künstlerischen und architektonischen Ambitionen vorzuführen. Wir erinnern an seine glänzenden Auftritte im Deutschen Reichstage, wo er redegewandt und engagiert den Etat der Reichspost- und Telegraphenverwaltung, aber auch einzelne Bauvorhaben seiner Verwaltung verteidigte, verweisen auf sein unablässiges Bemühen, neue Posthäuser der architektonischen Physiognomie der Städte anpassen zu wollen und ihnen eine gediegene baukünstlerische Ausführung zuteil werden zu lassen, bemerken aber auch seine nationalpolitische Attitüde, die in seiner festen Überzeugung gipfelte, daß „das junge Reich auch durch seine Bauten kraftvollen Eindruck erwecken müsse“.

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