„Nachts sind die Menschen ganz bei sich, das eingeübte Rollenverhalten, die strenge Selbstkontrolle verlieren an Wirkung. Für die Gespräche im Studio bedeutet das: sie werden schärfer und pointierter zugleich, authentisch. Die Grenzen zwischen Kunst und Leben verschwimmen. Die Lange Nacht hat Zeit für die wirklichen oder geistigen Abenteuer, wie sie in Wissenschaft oder Literatur stattfinden und den Blick für überraschende Gedanken weiten. Die Autoren der Sendung erkunden auch Dinge, die man Dichtern kaum abnehmen würde: die Verstrickungen des Alltages − Absurdes, Komisches, Skurilles. Es geht um Spiel, Vergnügen und Genuß.“

Als Nachteule gehört die „Lange Nacht“ seit vielen Jahren zu meinen Lieblingssendungen im Radio. Wenn ich eine Sendung verpasst habe, wie beispielsweise die im Juli über „gute Biografien“ und über den Kabarettisten Georg Kreisler, der am 18. Juli 100 Jahre alte geworden wäre, ist das nicht weiter tragisch, denn das Archiv der Langen Nacht stellt auf der Seite des Deutschlandfunks im Netz zum Glück Sendungen bis weit zurück ins vorige Jahr zum Nachhören zur Verfügung.

Die wöchentliche Sendereihe, die seit 1995 unterhaltsame Hörstücke liefert, beschäftigt sich während drei Stunden mit einem Thema. In der Nacht von Freitag auf Samstag um 00.05 Uhr startet die Sendung im Deutschlandfunk Kultur, am Samstag wird sie vom Deutschlandfunk, nachts um 23.05 Uhr, wiederholt.

Viele der Beiträge sind einzelnen Persönlichkeiten gewidmet wie zuletzt dem Philosophen Günter Anders, dem Regisseur Rainer Werner Fassbinder, den Dichtern Arthur Schnitzler, Novalis und Wilhelm Busch oder den Schriftstellerinnen Ilse Aichinger und Marlen Haushofer. Nicht selten sind Geburtstage und Jubiläen Anlass für eine Sendung, so die zum 75. Geburtstag der Sängerin Patti Smith, die im Januar 75 Jahre auf dieser Welt war.

Auch Paare und Paarungen stehen oft im Zentrum des Geschehens, so zuletzt Hanns Eisler und John Lennon, beide Künstler mit einem persönlichen Hintergrund in der Arbeiterklasse, verfasst vom Autor Peter Freitag. Zelda und F. Scott Fitzgerald, ein exzentrisches Schriftstellerpaar, Hans Albers und Hansi Burg, die das NS-Regime vorübergehend trennte, oder Christa Wolf und Franz Fühmann, beide Schriftsteller in der DDR, beide enttäuscht vom Sozialismus, deren Briefe 1968-1984 dieses Jahr im Aufbau Verlag erschienen sind, sind weitere Sendungen gewidmet.

Andere Beiträge handeln von Wunderkindern, vom Alleinsein, von Wikipedia oder gar von der Liebe der Engländer zur Deutschen Musik – wobei es sich nicht um Verkaufserfolge von Modern Talking oder um Wind of Chance von den Scorpions handelt, sondern um Händel, Bach und Mozart.

Als nächstes dran: „Because the Night“ – Die Lange Nacht von der Magie der Blauen Stunde, von Dr. Monika Künzel, der Redakteurin der Langen Nacht, am 30. und am 30./31. Juli, wie gewohnt in der Nacht auch Samstag oder auf Sonntag.

Wer sie auf keinen Fall verpassen will, kann sich das Programm zur Langen Nacht zuschicken lassen vom Deutschlandfunk/Deutschlandradio, Raderberggürtel 40, 50968 Köln

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