Die Firma KOH-I-NOOR Hardtmuth

Bei einem Besuch im Technikmuseum in Prag fiel mir kürzlich ein Ausstellungsplakat mit einem riesigen Farbstift auf. „Hardtmuth“ stand auf dem Stift, nicht Faber-Castell oder Stabilo. Hardtmuth und Koh-i-Noor. Bis 26. März 2023 zeigt das Museum die Sonderausstellung „HARDTMUTH: from Charcoal to a Pencil Empire” – die laut Technikmuseum wichtigste Sonderausstellung im Jahr 2022. Im Fokus: Joseph Hardtmuth, Architekt, Erfinder, Entrepreneur und weltbekannt für die Erfolgsgeschichte seines Unternehmens.

Reisen bildet bekanntlich und Wikipedia ist auch dann zur Stelle, wenn die Unkenntnis der tschechischen Sprache das Verständnis für Informationen zunächst hemmt.

„1790 gründete der Österreicher Joseph Hardtmuth eine Bleistiftfabrik in Wien, nachdem es ihm gelungen war, aus Ton und Graphitpulver künstliche Bleistiftminen herzustellen. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten Bleistiftminen aus wesentlich teureren, ganzen Graphitstücken geschnitten werden, die aus England importiert wurden. Die Erfindung von Hardtmuth war für Österreich von großer Bedeutung, da es das Land von der Einfuhr englischen Graphits unabhängig machte. In einem Majestätsgesuch vom 7. April 1812 berichtet Joseph Hardtmuth vom Export von tausenden Bleistiften ins Ausland. Im Hardthmuthschen Verfahren gelang es darüber hinaus durch unterschiedliche Mischungsverhältnisse, Bleistifte in sechs verschiedenen Härtegraden anzubieten. 25 Jahre später stellte seine Fabrik knapp 2,5 Millionen Bleistifte pro Jahr her, was damals 15 % des Weltbedarfs entsprach.“

 

Nach dem Tod des Firmengründers übernahmen die Söhne und später ein Enkel den Betrieb, und unter der Leitung von Enkel Franz Hardtmuth (29. Januar 1832 in Wien – 25. Juli 1896 in Budweis) entwickelte die Firma den „Koh-i-Noor Hardtmuth“-Stift, einen Zeichenstift in 12 Gradationen, der sogar 1889 auf der Weltausstellung in Paris vorgestellt wurde. Wikipedia-Autorinnen beschreiben dann die wechselhafte Firmengeschichte, in deren Verlauf Kooperationen (mit einem Wiener Schreibwarenhändler), Verstaatlichung (in Tschechien), Insolvenz (in Österreich) und Reprivatisierung (in Tschechien) sowie Übernahmen (Gama Group, KOH-I-NOOR-Holding, Tschechien) das Geschehen prägten.

Wäre ein Hardtmuth-Stift, benannt nach dem Diamanten „Berg des Lichts“, nicht ein perfektes Mitbringsel für jede und jeden, die das Prager Jesulein schon im Schrank stehen haben und Halsketten aus Kristall nicht tragen wollen?

Die Information, dass in jedem Bleistift Ton aus Klingenberg am Main verarbeitet wurde (Ein Fixpunkt bei jeder Radtour den Main entlang von Offenbach nach Würzburg) weckte zudem mein Interesse.

 

„Fast drei Jahrhunderte lieferte das Bergwerk in Klingenberg feinsten Ton, der einst in alle Erdteile exportiert wurde und damit Berühmtheit erlangte. Die höchsten Renditen wurden zwischen 1860 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs erzielt. Er sicherte den Bürgern der Stadt jahrzehntelangen Wohlstand, in der Blütezeit sogar eine jährliche Auszahlung eines „Bürgergeldes“. Mit Rückgang des Absatzes setzte ab 1960 eine umfassende Rationalisierung des Betriebes und stetige Reduzierung der Belegschaft ein. 2011 fuhren die Bergleute zum letzten Mal in den Schacht ein. Die Entscheidung den Traditionsbetrieb zu schließen ist der Stadt Klingenberg nicht leichtgefallen, aber eine veraltete Technik, fehlende Absatzmärkte und damit steigende Defizite ließen keine andere Möglichkeit offen.“

 

https://www.stadt-klingenberg.de/galerie/de/churfranken/998/1/Geschichte_des_Klingenberger_Tonbergwerks

Bunstift-Gorilla, in Koh-i-Noor-Geschäft, Prag (Foto: Doger)

 

Leider war der Museumsshop des Prager Technikmuseums nicht auf die Wünsche deutscher Blei- und Farbstift-Fans eingestellt – aber es gibt mehrere Papier- und Farbstiftgeschäfte in der Stadt, die auf KOH-I-NOOR Hardtmuth-Produkte spezialisiert sind: in der Vodičkova und in der Nerudova – beide Straßen leicht zu finden. Das reichhaltige Farben-Sortiment in den Künstlerbedarfsläden bietet Futter für jedwedes Ausmaß an Kreativität, und das Angebot an Ausmalbüchern lässt den Schluss zu, dass es bei Hardtmuth in Prag (und bei Amazon) so ist wie bei Stabilo, Staedtler, Lyra und Faber-Castell: Der Trend zu Ausmalbüchern für Erwachsene hat die Buntstift-Branche gerettet.

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