„(…) Das erste deutsche Land, das eine den römischen Meilensteinen ähnliche Einrichtung der Meilen- oder Postsäulen schuf, war Kursachsen. Dort wurden schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts, und zwar zunächst an der Straße zwischen Leipzig und Dresden, eichene viereckige Säulen gesetzt. An ihre Stelle traten von 1721 an steinerne, die zum Teil bis heute erhalten geblieben sind. (…)“

Mit diesem Zitat aus dem Handwörterbuch des Postwesens, Ausgabe 1927, erläutert ein Museumsmitarbeiter die Funktion des kleinen Modells aus der Sammlung der MSPT, das als Souvenir aus Wurzen ins Depot gelangte. Mehr über die Meilensäule verrät die Kreisstadt im Herzen Sachsens, einigen vielleicht bekannt als Geburtsort des Dichters Joachim Ringelnatz, der unter dem bürgerlichem Namen Hans Gustav Bötticher im Jahre 1883 in Wurzen am Crostigall zur Welt kam, auf ihrer Internetseite, die auch weitere Zeugnisse des historischen Stadtkerns präsentiert.

 

Nachdem Kurfürst August I. am 1. November 1721 den Befehl erteilt hatte, im gesamten Bereich von Kursachsen Postmeilensäulen zu errichten, wurden auch in Wurzen unter der „künstlerischen Patenschaft“ des Landesbaumeisters Matthäus Daniel Pöppelmann drei dieser Distanzsäulen erbaut – und gegen Ende des 19. Jahrhunderts entfernt und zerstört. Dass eine der Säulen im Bereich Wenceslaigasse / Crostigall heute wieder steht ist der Tatsache zu verdanken, dass gegen Ende der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts im Schlosspark von Machern Teile einer Säule gefunden wurden, die nach der Restaurierung zum Blickfang in der Innenstadt von Wurzen wurde.

Ganz allgemein dienten Meilensteine der Post, um Beförderungszeiten, Personen- und Extrapostsätze sowie das Paket- und Geldporto zu regeln; es gibt sie als Ganz-, Halb- und Viertelmeilensteine. Bis heute findet man sie entlang historischer Poststraßen, nicht selten im Gebüsch versteckt, beschädigt oder verwittert. Zunehmend aber kümmern sich Interessierte, teils zusammen mit Denkmalschutzbehörden, der Pflege und dem Erhalt der Steine, und wenn jetzt die Wandersaison wieder beginnt, wird sich der eine oder die andere an den steinernen „Wächtern“ am Straßenrand erfreuen.

In der Sammlung der MPST im Museum für Kommunikation in Berlin, befinden sich weitere Modelle von Postmeilensäulen, die teils noch aus der Sammlung des Reichspostmuseums stammen, so (links) von der Ganzmeilensäule aus Freyberg /Wolkenstein/ Annaberg und von der (rechts) die Halbmeilensäule aus Wermsdorff/Wurzen.

Dass die Meilensäulen als beliebte Objekte der Postgeschichte auch in Museen zu sehen waren und sind, zeigt ein Blick in die Ausstellung „Berlin auf Briefmarken und Münzen“, die anlässlich der 750-Jahrfeier Berlins im Postmuseum der DDR von Mai bis Oktober 1987 gezeigt wurde.

Forschungsgruppen zu Postmeilensäulen

Im Internet finden sich zwei Forschergruppen, die sich der Geschichte der Postmeilensäulen widmen. Unter www.kursaechsische-postmeilensaeulen.de präsentiert sich ein Verein, der sich mit den Kursächsischen Postsäulen und königlich-sächsischen Meilensteinen als „Denkmale der Post- und Verkehrsgeschichte von europäischem Rang“ beschäftigt; seine Geschichte reicht zurück bis ins Jahr 1964: „Bereits im Oktober 1964 konnten die sieben Gründungsmitglieder anlässlich ihrer ersten Arbeitstagung der Wiederaufstellung der Distanzsäule Tharandt beiwohnen. Aufbauend auf dem Erbe des Dr. Kuhfahl begann man, nach dem 2. Weltkrieg und den Nachkriegsjahren ein neues Kapitel der Postsäulenforschung zu schreiben. 1966 übernahm Hans-Heinrich Stölzel die Leitung, und bald gab man sich den Namen Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen. Ab 1969 wurde diese zum selbständigen Arbeitskreis im Rahmen des Philatelistenverbandes der DDR. Bald wurden nicht nur die von Anbeginn an herausgegebenen »Rundbriefe« umfangreicher, sondern es wurden auch Bestandsverzeichnisse und Bestandskarten geschaffen. 1969 eröffnete im Heimatmuseum Frohburg auch eine erste Dauerausstellung ihre Pforten. Nach dem Tode des unvergessenen Hans-Heinrich Stölzel, der mit viel persönlichem Einsatz bis 1981 tätig war, wechselte allmählich die Einzelleitung zur Kollektivleitung und die Vorstandswahl wurde eingeführt. 1979 stiftete die Forschungsgruppe anlässlich des 300. Geburtstages von Adam Friedrich Zürner in seinem Geburtsort Marieney eine Gedenktafel und 1987/88 führte sie mit großem Erfolg auf der Festung Königstein eine weitere viel besuchte Ausstellung durch, welche von Gästen aus 27 Ländern besucht wurde.“

Ein Besuch der Internetseite belegt, dass es sich um eine äußerst aktive Gruppe handelt, die sich aktiv für den Erhalt und die Pflege der königlich-sächsischen Meilensteine einsetzt und auch Hand anlegt. „… Bis heute konnten über 300 dieser verkehrsgeschichtlichen Denkmale wieder entdeckt und erfasst werden.“

Ein Veranstaltungskalender gibt Auskunft über aktuelle, vergangene und künftige Veranstaltungen und Projekte. So wird voraussichtlich am 24. Juni dieses Jahres in Luckau/ Brandenburg die Nachbildung der ersten Distanzsäule auf dem kürzlich gefundenen Originalfundament aufgestellt.

 

Forschungsgruppe Meilensteine e.V.

Eine weitere Forschungsgruppe widmet sich „der Erforschung von Denkmalen der Verkehrsgeschichte, Postgeschichte, Straßengeschichte und Vermessungsgeschichte“, wie Postmeilensteinen, Chausseemeilensteinen und Distanzsäulen auf dem Gebiet des ehemaligen norddeutschen Bundes. Auch dieser Verein, 1980 gegründet, seit 1992 als Verein eingetragen, hat sich die Erforschung und Erhaltung der Meilensteine zur Aufgabe gemacht. Die Mitglieder erfassen Geschichte und Gegenwart „aller Meilensteine auf den Gebieten der Länder des ehemaligen Norddeutschen Bundes (von 1871), ausgenommen des Königreiches Sachsen“, dokumentieren den Bestand, Fördern den Eintrag in Denkmallisten, suchen nach Objekten, beraten und forschen und publizieren ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „Das Meilensteinjournal“. Es finde sich außerdem eine übersichtliche Definition der „Meilensteine“ auf der Seite des Vereins.

Kontakte

 

Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen e.V.
Vorsitzender André Kaiser, Hauptstr. 5c, OT Grillenburg, D-01737 Tharandt
Tel./Fax. 035202-52614
postmeilensaeulen(at)gmx.de
www.postmeilensaeulen.de
www.kursaechsische-postmeilensaeulen.de

 

 

Forschungsgruppe Meilensteine e.V.

Forschungsgruppe Meilensteine e.V.
Eingetragener gemeinnütziger Verein
beim Amtsgericht 39307 Genthin, unter VR 60111
www.forschungsgruppe-meilensteine.de

Anschrift des Vorsitzenden: Forschungsgruppe Meilensteine
c/o Olaf Grell, Sonnenblumenring 12, D-16321 Bernau
E-Mail: meilensteine@gmx.de

 

Auch im ARCHIV haben sich immer wieder Autoren des Themas angenommen:

Archiv für deutsche Postgeschichte, 1957, Heft 2: Arthur Caspari: Zur Geschichte der Postsäulen in Sachsen

Ausgabe Kiel, Heft 4/1962: Erich Katzschke: Alte Meilensteine zwischen Lübeck und Hamburg

Heft Dortmund / 1/ 1991 und 1/1992: Herbert Lechtleitner: Kursächsische Postmeilensäulen

Heft 1998, Region Ost: Herbert Liman: Forschungsgruppe Preußische, Mecklenburgische und Anhaltische Meilensteine e.V.

Das Archiv, Region Ost, Heft 2001: Günther Hanisch: Die kursächsische Postmeilen-Distanzsäule in Roßwein

Das Archiv, Heft 1/2001: Dauerausstellung „Von den Kursächsischen Postmeilensäulen“ im Osterzgebirgsmuseum Schloss Lauenstein

DAS ARCHIV, Heft 3/2004: Wolfgang Pinkow: Alte Postmeilensteine gefunden. Zu Fuß unterwegs auf der historischen Postroute Berlin-Magdeburg

Heft 1/ 1991, Bayern: Kursächsische Postmeilensäulen (Anfrage der Forschungsgruppe)

Das Archiv für Postgeschichte, Heft 1/1994, Region Kiel: Nils Schmidt: Die Kiel-Altonaer Chaussee und ihre Meilensteine

DAS ARCHIV, Heft 2/2005: Walter Thoma: Graue Royals am Straßenrand

Fotos: Peter Boesang, MSPT

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