Der Reiz bei der Beschäftigung mit historischen Daten liegt im Vergleichen der Zahlen – im „ins Verhältnis setzen“. Als ich in den Jahren 1998 bis 2000 für die Ausstellung MenschTelefon über Aspekte des Telefonierens recherchierte hat mich besonders überrascht, dass Anfang der 19960er-Jahre erst zirka 14 Prozent der Bevölkerung in Westdeutschland ein Telefon besaßen. Weil es für die Post teuer war, Leitungen zu verlegen, weil auch das Telefonieren noch relativ teuer war und – weil viele Menschen gar nicht so recht wussten, was man sich am Telefon sagen sollte. Im Verlauf der 1960er gab die Post dann viel Geld aus, verlegte Kabel, erweiterte das Netz − aber die Menschen wussten immer noch nicht, worüber sprechen ohne Not. Es kam die Agentur Lintas ins Spiel. Sie lockerte in den 1970ern das „Fasse dich kurz“ als Verhaltensregel beim Telefonieren und ersetzte den Slogan durch „Ruf doch mal an!“ Die Leitungen sollten sich rentieren, Telefonieren wurde dank Mondscheintarif günstiger, aber worüber sprechen?

Lintas lieferte zum „Ruf doch mal an“ in einer nie endenden Kampagne Gesprächsanlässe noch und noch: „Sie freut sich auf deinen Anruf“, „Mutter wartet doch“, „Zeig, dass du an ihn denkst“ und ähnliche Aufforderungen mehr halfen denen, die noch auf der Leitung standen, auf die Sprünge. Auch die Einführung des Zeittakts war von einer Kampagne begleitet: In 8 Minuten können Sie ihrer Frau 480mal sagen „Ich liebe Dich“. Ihre Post. In den 1980ern dann, Diversifikation war das Motto, gab es ein nie gekanntes Angebot an Leistungsmerkmalen und Gerätetypen: Die Mickymaus für Verspielte, das Holztelefon für Ökos und das Modell „Venezia“ aus Halbedelstein italienischen Schick. Ende der 1980er-Jahre war die Sättigung erreicht, 97 Prozent aller bundesdeutschen Haushalte hatten Telefon. Was dann?

Die 1990er-Jahre gehörten der steigenden Akzeptanz und Verbreitung des Internets und der veränderten, ebenfalls stark zunehmenden Nutzung der Mobiltelefonie. Zahlen und verschiedenen Statistiken dazu veröffentlichte die Telekom vor 25 Jahren in „Vision“, ihrer Zeitschrift für Führungskräfte. Ein Blick auf die Zahlen – 7 Prozent der Bürger:innen in Deutschland nutzten ein Mobiltelefon, 6,3 Millionen das Internet – lassen Rückschlüsse zu auf das rasante Tempo und die Dimension, in der sich Kommunikation verändert hat.

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