Gastlichkeit und Geschichte in ehemaligen Postgebäuden

Neben Rathaus und Bahnhof prägten im 19. und 20. Jahrhundert in vielen Orten die imposanten Gebäude der Post das Stadtbild. Mit der Teilung in mehrere Unternehmen und neuen Konzepten für Briefe, Pakete und Fernmeldewesen wurden viele der Bauten für Post und Telekom uninteressant und zum Verkauf angeboten. Doch nicht überall gelang es, für die geschichtsträchtigen und häufig denkmalgeschützten Gebäude ein stimmiges Nutzungskonzept zu finden, den „leerstehenden Einrichtungen der Infrastruktur eine neue Nutzung zu geben, ist allgemein eine schwierige Aufgabe“, so eine Städtebau-GmbH im Netz.  Es gibt einige, die als Kultur- und Veranstaltungszentren weiterexistieren: in Pirmasens das „Forum Alte Post“, in dem unter anderem eine Ausstellung zum Dada-Schriftsteller Hugo Ball gezeigt wird, in Neuss das „Kulturforum Alte Post“, in dem laufend Kurse angeboten werden zu Schauspiel und Bildender Kunst, oder in Augsburg, wo in einem früheren Postgebäude neben dem Jugend- und Ordnungsamt auch das Leopold-Mozart-Zentrum eingezogen ist. Angesichts tausender Bauten wäre es eine reizvolle Mammutaufgabe, nachzuvollziehen, was auch welchem Gebäude geworden ist. Nicht wenige wurden aufwendig saniert und umgebaut zu Hotels oder Gastronomie, die jetzt auf Sommergäste warten.

Postgebäude, heute Hotel, in der Hansestadt Anklam

Wer beispielsweise unterwegs ist an der Ostsee, könnte Rast machen in der zauberhaften Kleinstadt Anklam, die „Tor zur Insel Usedom“ genannt wird. Der Ort, gern als „Highlight Mecklenburg-Vorpommerns“ beworben, ist mit seinem Fachwerk, Kopfsteinpflaster und Klinker und dem Denkmal, das an den berühmten Sohn der Stadt, Otto Lilienthal, erinnert, aber auch für sich eine Reise wert.

Seit Mai dieses Jahres stehen Gästen im Hotel Anklamer Hof nach langer Sanierungszeit auch die Gasträume in der einstigen „Alten Post“ für Feiern und gemütliche Stunden zur Verfügung. Das 1878 eröffnete Post- und Telegrafengebäude sei „Ursprung und Ausgangspunkt des Anklamer Hofs und der Geist des einstigen Zentrums aller Kommunikation lebt in ihm weiter“ – so der Betreiber auf der Internetseite des Hauses. Erbaut wurde es einst nach Plänen des Architekten und Mitarbeiters der Kaiserlichen Reichspost- und Telegrafen-Verwaltung Friedrich Heitmann (1853–1921), der auch Postämter in Leipzig, Swinemünde und Rostock entwarf – aber auch viele Kirchen. Der Nordkurier, die regionale Tageszeitung der Region, ging während der Bauzeit detailliert auf die Geschichte der Post in Anklam ein, als deren Gründungsjahr 1716 angenommen wird: „Damals ordnete der preußische König Friedrich Wilhelm I. an, dass der Postverkehr zwischen Anklam und Stettin sowie zwischen Anklam und Demmin verpachtet werden soll.“

In dem 1878 bezogenen Post- und Telegrafengebäude gab es etliche Postdiensträume, drei Telegraphenräume und eine Wohnung für den Postdirektor, 1894 wurde dort auch das erste Anklamer Fernmeldeamt untergebracht.“

Mehr über die Stadt und ihre Geschichte findet sich in einer Stadtchronik unter:

https://museum-im-steintor.museumnet.eu/sites/museum-im-steintor.museumnet.eu/files/archivalie/digitalisatepublic/an3434.pdf

https://www.anklamer-hof.de

Blick in die Halle des Alte Post Nordic Life & Style Hotels, Flensburg

Rund 400 Kilometer weiter im Nordwesten hat vor sieben Jahren das „Alte Post Nordic Life & Style Hotel“ die Pforten in den imposanten Empfangsraum eröffnet. Das elegante Hotel mit historischen Attributen wie einer Hermes-Statue befindet sich an einem geschichtsträchtigen Ort. Genau hier, im Hof der heutigen Alten Post, war am Ende des Zweiten Weltkriegs ein Übertragungswagen der Marine geparkt; über diesen hielt Hitler-Nachfolger Großadmiral Karl Dönitz von einer provisorischen Sendestation aus seine Rundfunkansprachen und verkündete am 8. Mai das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa.

Als das Kaiserliche Postamt Ende des 19. Jahrhunderts nach Entwürfen des Postbaurates Ernst M. Hake und des Architekten Hildebrandt errichtet wurde, waren die stattlichen Gebäude daneben beide Hotels, das Bahnhofshotel, heute Europa-Haus, und der Flensburger Hof. Dass das einstige Postgebäude nun ebenfalls als Hotel fungiert, gelang über den Umweg als Einkaufspassage und Diskothek. Die Innengestaltung des jetzigen Hotels ist der Kopenhagener Designerin Helle Flou geschuldet, die in die moderne Gestaltung historische Elemente einbezogen hat. Die Kommentare der Gäste im Netz sind einhellig positiv bis euphorisch und die Bewertungen – mit Vorsicht zu genießen – reichen von „sehr gut“ bis „hervorragend!“

https://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Post_(Flensburg)

Harry D. Schurdel: Die letzte Stimme der Diktatur. Der Reichssender Flensburg, in: DAS ARCHIV, Heft 4, 2009

Ein drittes Beispiel für die Umnutzung eines, das Stadtbild prägenden Postgebäudes zum Hotel liegt rund 750 Kilometer von Flensburg entfernt in Franken. In der einstigen Oberpostdirektion Nürnberg können Gäste heute den Komfort von vier Sternen erwarten. Rekordverdächtige 19 Jahre hatte das Gebäude, Rundbau mit einer denkmalgeschützten Fassade samt Anbau, bereits 2013 leer gestanden, als die Presse einen Käufer vermelden konnte. Der Münchner Immobilienentwickler Hubert Haupt als neuer Besitzer wolle darin unter anderem „ein Nobelhotel“ unterbringen.  

Entgegen der Proteste von „Altstadtfreunden“ ließ der neue Besitzer den Kopfbau abreißen, und nach etlichen weiteren Jahren Planung und Bauzeit eröffnete 2021 das Leonardo Royal Hotel mit 238 Zimmern in dem sanierten Gebäude. „Als Teil des denkmalgeschützten Tafelhof Palais Ensembles begeistert das neue Leonardo Royal Nürnberg mit einem gekonnten Mix aus modernem und zeitlosem Design“, bewirbt sich das Hotel am Hauptbahnhof. Wer vielleicht das Museum für Kommunikation im Jubiläumsjahr besuchen will, oder auch einige Tage in der Stadt verbringen möchte, hat hier die Option zwischen unterschiedlichen Zimmer-Größen von Standard bis Deluxe. Frühbuchung wegen Rabatt empfohlen!

https://www.leonardo-hotels.de/nuremberg/leonardo-royal-hotel-nurnberg

Auch wenn heute nicht mehr gilt: „Reisen Sie nah oder reisen Sie weiter, das Postsparbuch sei Ihr Begleiter“ – in anderen europäischen Städten wie Gent, Göteborg, Paris und Prag, aber auch weltweit stehen weitere attraktive Hotels in historischen Postgebäuden für – eher gut betuchte − Gäste offen.

https://www.paketda.de/news-hotels-alte-post.html

Wenn Ihnen der Beitrag gefallen hat, teilen Sie ihn: