Antizipationen der Globalisierung am Beginn des 20. Jahrhunderts

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Beschreibung

Das Wunder der Simultaneität

Antizipationen der Globalisierung am Beginn des 20. Jahrhunderts

Ausgabe

Das Archiv 2/2005

Autor: Dieter Daniels

Seiten: 94-101

Zweiter Teil des Beitrags aus Heft 1/2005

Ganz konkret wird der poetische Bezug auf den Funk in der von den italienischen Futuristen gefeierten „Immaginazione senza fili“, der „drahtlosen Imagination“. Dabei wird vor allem der militärische Einsatz des Mediums zur Inspirationsquelle. Filippo Tommaso Marinetti schreibt, dass die „parole in libertà“ („befreite Worte“) „unter dem Diktat der großen Kanonen bei der Belagerung von Adrianopoli“ geboren werden, an der er 1912 als Kriegsberichterstatter teilnimmt. Hier findet auch seine Begegnung mit jenem Medium statt, das zum Leitbild der neuen Epoche futuristischer Technikbegeisterung wird: der drahtlosen Telegraphie. Ein Jahr später folgt die Definition: „Unter drahtloser Imagination verstehe ich die absolute Freiheit der Bilder oder Analogien, die mit unverbundenen Worten, ohne syntaktische Leitdrähte und ohne jede Interpunktion ausgedrückt werden.“

Das erste große Werk der „Immaginazione senza fili“ ist zugleich die Beschreibung des Anlasses ihrer Geburt: des türkisch-bulgarischen Kriegs und der Belagerung von Adrianopoli im Jahr 1912. Das zwei Jahre später veröffentlichte 21seitige Gedicht Zang Tumb Tuuum, Adrianopoli Ottobre 1912 liefert das poetische Pendant zur prosaischen Arbeit des Journalisten. Es fasst die Kampfhandlungen im zumindest für die Literatur neuen telegrafischen Stil zusammen, also ohne Interpunktion, aber unter Erweiterung der Buchstaben um die mathematischen Zeichen +–x:=><, und endet mit der faktischen „Bilanz der Belagerung: 30 Angriffe, 45 Gefechte, 52 Artilleriekämpfe, 430 Gebäude zerstört, 15000 Bulgaren getötet oder verletzt“.

(…)

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