Beschreibung
Das Auge
„The Master Sense of the Modern Era“
„Das Auge wird im Zuge der kulturellen und wissenschaftlichen Einteilung und Gliederung des Körpers als ein besonders zentrales Organ beschrieben und entwickelt sich innerhalb der daraus entstehenden Rangfolge der Sinne zum Leitsinn. Im Unterschied zu Sinnen wie dem Tastsinn oder dem Geschmackssinn, die dem privaten Bereich zugeordnet werden, beansprucht das Auge Öffentlichkeit. Durch diesen öffentlichen Charakter übernimmt das Auge sowohl Kontroll- als auch Selbstkontrollfunktionen. Der Sehprozess ist dabei jedoch kein rein objektiver Vorgang. In das Sehen gehen ebenso die subjektiven Phantasien, Erinnerungen und Vorstellungen einer Person ein und erzeugen ein individuelles, perspektivisches Bild der Umwelt. Sehen ist also ein physiologischer Vorgang ebenso wie ein durch individuelle und soziale Unterschiede gekennzeichneter historisch-kultureller Prozess, der die Kommunikation von Individuen wesentlich bestimmt.
Das Sehen ist in eine lange Tradition eingebunden, die bestimmt ist durch rivalisierende Positionen und bedeutungsgeschichtliche Zäsuren. Besonders die sprachgeschichtliche Entwicklung von Begriffen, die mit Erkenntnis oder Wissen verbunden sind, zeichnet sich durch eine visuelle Metaphorik aus. Dies belegt beispielsweise die wortgeschichtliche Verwandtschaft der griechischen Wörter idéa für Idee und eidénai für Sehen.
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