Die Anfänge der Personenkraftpost in Württemberg

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Auto statt Kutsche!

Die Anfänge der Personenkraftpost in Württemberg

Ausgabe

Das Archiv 1/2014

Autor: Doris Hensch

Seiten: 80-83

Als am 25. Mai 1906 die Abgeordneten der Württembergischen Kammer nachmittags in Stuttgart zusammentraten, hatten sie über ein zukunftsträchtiges Kapitel deutscher Verkehrsgeschichte zu entscheiden. Tatsächlich war zunächst lediglich über folgende Formulierung eines Antrags des Abgeordneten Haußmann (1857−1922) abzustimmen, mit dem die Königliche Staatsregierung zu ersuchen war, „die Einrichtung staatlicher Motorlinien auf solchen Landstraßenstrecken des Landes, für welche ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis besteht, in Erwägung zu ziehen“.
Die Verhandlungen dauerten bis in die Abendstunden. Dass es auf der Sitzung hoch herging, überliefert das Sitzungsprotokoll: Unangebrachte Zwischenrufe, denen Ermahnungen des Präsidenten folgen, in Klammern gesetzte Heiterkeitsbezeugungen, das Tönen einer Glocke und die häufig dokumentierte Unruhe im Saal lassen die Brisanz des Themas auch dem heutigen Leser sehr lebendig werden. Grundsätzlich bestand in der Tischrunde Konsens darüber, dass das Gebot der Zeit die Einrichtung von Motorlinien, besonders für den ländlichen Raum, erfordere, denn längst war die Euphorie der ersten Jahre nach Erfindung der Eisenbahn, die mit der Hoffnung auf eine flächendeckende Verkehrsanbindung aller Landesgegenden einherging, verflogen. In der Realität hatte sich bald herausgestellt, dass die prognostizierte Verkehrsinfrastruktur in ländlichen Gegenden aus wirtschaftlichen wie auch aus geografischen Gesichtspunkten in den nächsten Jahrzehnten nicht geschaffen werden würde. Deshalb kam den Motorlinien eine ebenso große soziale wie volkswirtschaftliche Bedeutung zu, um dem „Bedürfnis des offenen Landes nach Hebung der materiellen Lage durch Anschluss an den Gesamtverkehr“ Rechnung tragen zu können. Der nötige Pioniergeist war bei den Abgeordneten vorhanden, stimmten sie doch unisono der Einführung des motorbetriebenen Personenverkehrs zu, und das, obwohl dieser sich „im Wesentlichen doch teurer stellt als der Pferdebetrieb“.

(…)