„Das Leben kann noch immer eine feine Sache werden“. Die Buchreihe „Briefe bewegen die Welt“

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Beschreibung

„Das Leben kann noch immer eine feine Sache werden“

Die Buchreihe „Briefe bewegen die Welt“

Ausgabe

Das Archiv 4/2013

Autor: Jürgen Bräunlein

Seiten: 38-41

„Mein liebes, gutes Muttchen! 8 Tage vorm Totensonntag. 14. November 1926. – Den Tag werd ich mir merken müssen … Eben, 8.50 abends, ist Ilse nach Dresden zurückgefahren. Am Dienstag, Mittwoch will sie nach Senftenberg zum Geburtstag des Vaters. So fuhr sie heut abend und sagte mir dies erst heute mittag, sodass dann die Aussprache, die von 3h – 8.50 dauerte, schnell vom Zaun gebrochen werden mußte. Also, die Hauptsache: zwischen Ilse und Erich ist’s aus. Sie machte mir bis 8h damit das Leben noch einmal schwer, daß sie behauptete: sie habe mich trotz allem lieb. Eine Weinerei zum Herzzerbrechen“, schreibt der 27-jährige Erich Kästner an Ida Kästner. Nach gut 6 Jahren das Liebesaus mit Ilse, doch der Dichter nimmt’s locker und beschreibt der Mutter seinen Gefühlszustand so: „Na hopp, mein Pferdchen! Nicht mit den Augen gezwinkert. Das Leben kann noch immer eine ganz feine Sache werden. Tausend Grüßchen und Küßchen von deinem ‚Glückallein‘.“ Selten wurde mit mehr Humor von einer Trennung berichtet.

Deutlich schwergewichtiger ist der Briefwechsel zwischen Konrad Adenauer und Theodor Heuss von 1952. Die hoch gebildeten Staatsmänner ringen mit der heiklen Frage, ob die dritte Strophe des Deutschlandliedes auch nach dem Missbrauch durch die Nazis Nationalhymne bleiben darf. Bundeskanzler gegen Bundespräsident. Adenauer ist dafür, Heuss dagegen, er plädiert für eine Neuschöpfung. Argumentiert wird von beiden Herren sachlich und spitzfindig. Heuss zieht zwar am Ende den Kürzeren, doch er kann Adenauer die Suppe wenigstens ein bisschen versalzen: „Da ich kein Freund von pathetischen Dramatisierungen bin und mit mir selber im Reinen bleiben will, muss ich nach meiner Natur auf eine ‚feierliche Proklamation‘ verzichten. Wenn ich also der Bitte der Bundesregierung nachkomme, so geschieht das in der Anerkennung des Tatbestandes.“ Es gab also keine präsidiale Erklärung für die Entscheidung, stattdessen wurde der Briefwechsel einfach im „Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesrepublik“ vom 6. Mai 1952 abgedruckt.

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