Katastrophen und Krisenkommunikation in Deutschland

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Wenn’s brenzlig wird…

Katastrophen und Krisenkommunikation in Deutschland

Ausgabe

Das Archiv 4/2006

Autor: Jürgen Bräunlein

Seiten: 6-13

Die Schneekatastrophe in Nordrhein-Westfalen Ende November 2005 kam wie aus heiterem Himmel. Zwar ist um diese Jahreszeit in weiten Teilen Westeuropas mit winterlichen Wetterverhältnissen zu rechnen, doch solche Schneemassen, wie sie am Ersten Advent dank des ins Stocken geratenen Tiefausläufers „Thorsten“ über dem flachen Münsterland herabfielen, hat dann doch keiner erwartet. Die Folgen waren so dramatisch, dass sogar ausländische Medien ausführlich darüber berichteten. Denn bei über 1000 Unfällen auf spiegelglatter Fahrbahn mit einem Toten und mehreren Verletzten blieb es nicht. Gut 80 Strommasten stürzten unter der Last des Neuschnees ein, über 200000 Menschen mussten ohne Strom auskommen, zum Teil sogar mehrere Tage. Auch das Telefonfestnetz war lahmgelegt. Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz und der Malteser Hilfsdienst schickten Tausende von Technikern und Betreuern, um die Krise zu bewältigen.
Vor solchen Unwetterkatastrophen wie im Münsterland ist auch eine technologisch hochgerüstete Zivilisation wie die unsere nicht gewappnet. Im Gegenteil. Das Beispiel zeigt eindringlich, wie schnell selbst in Deutschland wichtige Versorgungsgüter wie Strom, Telefondienstleistungen, Trinkwasser oder der öffentliche Nah- und Fernverkehr nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zur Verfügung stehen. Offenbar hat in Nordrhein-Westfalen allein die extreme Wetterlage den Einsturz der Strommasten und damit den großflächigen Stromausfall verursacht – Materialfehler oder mangelnde Wartung konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Die Schneekatastrophe war demnach ein Ereignis von höherer Gewalt und nicht von Menschen verursacht, ähnlich wie im selben Jahr das schwere Seebeben in Südostasien und der landesweite Waldbrand in Portugal, dem eine ungewöhnlich lange Dürreperiode voranging.

(…)