Postkolonialer Sammlungseifer

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Beschreibung

Postkolonialer Sammlungseifer

Ein Beitrag zur Restitutionsdebatte

Ausgabe

DAS ARCHIV 2/2019

Autor: Veit Didczuneit

Seiten: 48-51

Der Staatssekretär des Reichspostamts, Heinrich von Stephan, hat tatkräftig dabei geholfen, der deutschen Kolonisierung die Wege zu ebnen. Den Ausbau der Postdampfschifflinien begleitete die Schaffung von Kolonialpostämtern in allen deutschen Kolonien. Daher nimmt es nicht Wunder, dass das Lieblingskind von Stephan, das von ihm 1872 in Berlin zur Dokumentation und Veranschaulichung des Nachrichtenwesens und der Beförderungseinrichtungen „aller Zeiten und Völker“ gegründete Museum, sich engagiert in den Dienst der Kolonialidee stellte. Das erste Postmuseum der Welt entwickelte sich durch eifriges Sammeln und die repräsentative Ausstellung aussagekräftiger Objekte der Kolonialpostgeschichte zu einem viel besuchten Ort kolonialherrschaftlicher Identitätsstiftung. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es zu einer Stätte kolonialer Erinnerung und des Kolonialrevisionismus, bis es 1939 seine Pforten schloss.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Heinrich von Stephan seinen in die Kolonien entsandten Beamten persönlich Sammlungsaufträge für das Museum mitgegeben hat. Von Stephans mit den Bewerbern durchgeführte Auswahl- und Entsendungsgespräche sind bezeugt. Zudem dürfte die Eigeninitiative vieler Beamter eine Rolle gespielt haben. Das Museum war in der gesamten Postbeamtenschaft bekannt. Über seinen Sammlungsauftrag und große Schenkungen an das Museum wurde im Beiheft zum Amtsblatt des Reichspostamts ausführlich berichtet. Darüber hinaus agierte das Kuratorium des Postmuseums im Auftrag des Reichspostamts aktiv in eigener Sache und forderte, Objekte „gefälligst [zu] beschaffen und hierher gelangen zu lassen“. Diese sollten vor allem als Original, Modell oder Bild, insbesondere Fotografien, sowohl die Tätigkeit der Reichspost beim Aufbau und in Sicherstellung der postalischen Verbindungen nach und in den Kolonien als auch, mittels Ethnografika, die Kommunikations- und Verkehrsbedingungen der einheimischen Bevölkerung darstellen.

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