Allegorien
Versinnbildlichungen von Post und Telegrafie im ausgehenden 19. Jahrhundert
In der bildenden Kunst ist die Allegorie eine sinnbildliche Darstellung, ein „Gleichnis“. Gemeint ist die Umsetzung eines abstrakten Begriffs oder eines rein gedanklichen Inhalts in ein Bild. Dazu werden sinnbildliche Kennzeichen (Attribute), mitunter auch erläuternde Schrift (Tituli), verwendet. Attribute sind Symbole, deren Aussagekraft besonders stark an einen kommunikativen Zusammenhang gebunden ist. Die klassische Form der Allegorie ist die Personifikation. Bei ihr werden einer Person Gegenstände oder Tiere (zum Beispiel Schlange, Eule) zur sinnbildlichen Kennzeichnung beigegeben. Da diese traditionell stets mit einer bestimmten Person verbunden sind, kann der Betrachter diese identifizieren. Die Allegorie „Gerechtigkeit“ beispielsweise – kein Gerichtsgebäude kommt ohne sie aus – wird als Frau (Justitia) mit verbundenen Augen (ohne Ansehen der Person), in einer Hand eine Waage (genau abwägend) und in der anderen ein Schwert (urteilend), dargestellt; manchmal außerdem mit Gesetzbuch, mit abgeschlagenem Haupt im Schoß, mit Kranich, der einen Stein in der Kralle hält (Symbol der Wachsamkeit), oder mit dem Fuß auf den Kopf einer Schlange tretend. Als bildhafte Personifikation eines Staates findet man die Allegorie in der Form einer Nationalallegorie, so die Germania für das Deutsche Reich oder die Helvetia für die Schweiz.
Als indirektes Zeichen des Dargestellten ist die Allegorie von vornherein auf Deutung hin konstruiert. Vom Betrachter erfordert sie eine Interpretationsleistung: Er muss vom bildlich Dargestellten zur gemeinten Bedeutung gelangen. Für den, der mit den kulturellen oder historischen Zusammenhängen, aus denen die Allegorie heraus geschaffen wurde, nicht vertraut ist, bleibt ihr Sinn oft dunkel. Und selbst bei realistisch ausgeführten Allegorien, bei denen die Darstellung selbsterklärend zu sein scheint, bleibt das Vorhandensein allegorischer Intentionen oft unbemerkt.
(…)