Christian Schwarz-Schilling – bis heute ein streitbarer Geist

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Der Unbeugsame

Christian Schwarz-Schilling – bis heute ein streitbarer Geist

 

Ausgabe

Das Archiv 2/2014

Autor: Friederike Bauer

Seiten: 24-27

Umstände als gegeben hinzunehmen war seine Sache nie. Christian Schwarz-Schilling hat sich immer eine eigene Meinung gebildet. Ob als Unternehmer, Abgeordneter, Bundespostminister oder, wie in den letzten Jahren, als Streitschlichter und Vermittler − der gebürtige Innsbrucker hat seine Positionen stets vehement vertreten und dann auch durchzufechten versucht. Manche finden das anstrengend, unbequem und lästig, andere geradlinig, bewundernswert und ehrlich. Manche halten ihn für gefährlich, andere für genial. Die Zeiten, als Schwarz-Schilling wegen seiner Liberalisierungspolitik die Schlagzeilen dominierte und die Republik spaltete, sind zwar längst vorbei, aber auch heute, mit über 80, ist er immer noch ein streitbarer Geist und umtriebiger Zeitgenosse. Nicht mehr für die Post und die Telekom wie früher, obwohl er auch dazu noch gerne und regelmäßig Stellung nimmt, etwa wenn es um die Zukunft der Regulierungsbehörde geht („muss erhalten bleiben“) oder um neue Investitionen in Hochgeschwindigkeitsnetze („dringend nötig“), sondern vor allem beim Thema Menschenrechte, Flüchtlinge und Zuwanderung erhebt er seine Stimme.
Verstehen kann man diese unbeugsame Haltung wohl erst vor dem Hintergrund seiner Familiengeschichte: Christian Schwarz-Schilling ist der Sohn eines deutschen Komponisten und einer polnischen Pianistin, von der er spät erfahren hat, dass sie Jüdin war. Als Halbwüchsiger musste er mit ansehen, wie seine Eltern – sie lebten damals in Potsdam − wiederholt ins Visier der Gestapo gerieten, unter anderem weil sie angeblich Feindsender hörten. Für ihn waren es zutiefst verstörende Erfahrungen, dass seine Eltern immer wieder zum Verhör geladen wurden oder Gestapo-Angehörige plötzlich auf der Terrasse standen. „Das war für mich alles sehr prägend, ich habe es nie vergessen“, sagt er im Rückblick. Über dieselbe Terrasse kamen später dann russische Soldaten und verbreiteten wieder Angst und Schrecken. Frei fühlte er sich erst als junger Mann nach dem Krieg imWest-Teil Berlins, wo er 1950 das Abitur machte. Dort konnte er sich ungestört bewegen und unbehelligt seine Meinung äußern. Den Unterschied spürte er so deutlich, dass er den Entschluss fasste: „Das alles darf sich nie wiederholen.“ Kontrolle von oben, Monopole und einseitige Machtkonzentration waren ihm seither zuwider.Was immer er dazu beitragen könnte, solche Systeme zu verhindern, würde er künftig tun, gelobte er. Schon während des Studiums in München – die Fächer ostasiatische Kultur- und Sprachwissenschaft lassen es nicht unbedingt erahnen – nahm er sich deshalb vor, irgendwann in die Politik zu gehen.

(…)