Madonnen, Märchengestalten und Frauen auf deutschen Marken

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Madonnen, Märchengestalten und Frauen auf deutschen Marken

Ausgabe

Das Archiv 1/2013

Autor: Michael Burzan

Seiten: 24-31

„Helene!“ − sprach der Onkel Nolte – /„was ich schon immer sagen wollte! / Ich warne Dich als Mensch und Christ: / Oh, hüte Dich vor allem Bösen: / Es macht Pläsir wenn man es ist, / Es macht Verdruß, wenn man`s gewesen!“ Helene, manch einer wird sich erinnern, wird aufs Land geschickt, aber die Abgeschiedenheit bei Onkel und Tante fruchtet nicht. Sie quält Kanarienvögel und Verwandte, führt ein liederliches Leben, wird zwar noch fromm, verfällt aber dem Alkohol. Damit nicht genug, stirbt sie einen jämmerlichen Tod und und der Teufel holt sich ihre Seele. „Das Gute“ − dieser Satz steht fest – „ist stets das Böse, was man läßt“! legt Wilhelm Busch dann die Moral von der Geschicht` dem Onkel Nolte in den Mund, der, da ist er froh − ist ja nicht so!
Was er nicht weiß – seine Nichte wird es noch weit bringen. Als Satire gegen Heuchelei und Spießbürgertum 1872 gezeichnet und erdichtet, ziert sie 1882, zum 150ten Geburtstag von Wilhelm Busch, eine Briefmarke der Deutschen Bundespost. Und sie ist, umrahmt von frischem Grün, mit ihrem kecken Lächeln und dem sündigen Lebenslauf, durchaus eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Philateliegeschichte.
Die beginnt, was Frauen betrifft, gewissermaßen in Hamburg an der Elbe. Dort wird am 6. März 1866 Anna Führing geboren, als Tochter einer Gastwirtsfamilie, die auf Sankt Pauli einen Theatersalon namens „Eldorado“ führt. Als junge Frau lernt sie Ferdinand Karl Friedrich Felix von Strantz kennen, Schauspieler, Regisseur und ehemaliger Direktor der Berliner Königlichen Hofoper. 45 Jahre älter als seine Freundin, nimmt er Anna mit nach Berlin, lässt sie als Schauspielerin ausbilden und heiratet sie 1889.
Rund 50 Jahre war es da her, dass in Großbritannien die erste Briefmarke gedruckt wurde. Königin Victoria, verheiratet mit einem deutschen Prinzen, ist ab dem 6. Mai 1840 der erste Mensch überhaupt, der auf einer Briefmarke verewigt wird. In Deutschland sollte es noch Jahrzehnte dauern, ehe im Jahr 1900 erstmals eine weibliche Gestalt allein auf einer Marke der Reichspost zu sehen sein würde. Frauen, die auf Grund ihrer Persönlichkeit und Leistung gewürdigt werden, tauchen im Markenbild in Deutschland erst in der Nachkriegszeit auf.

(…)