Beschreibung
Zahlen und Werte
Briefmarken als „mathematische Herausforderung“
Die rechnerische Bewältigung des Posttransports in Deutschland war bis in das späte 19. Jahrhundert hinein − und gelegentlich darüber hinaus − eine durchaus komplizierte und anspruchsvolle Angelegenheit. Bis zur Reichseinigung im Jahre 1870/71 bestand das, was wir heute als „Deutschland“ ansprechen, aus einer Vielzahl von weitgehend selbstständigen Fürstentümern, freien selbstständigen Städten und Territorialgebieten. Eifersüchtig wachte man über die eigene Souveränität, und dies in nahezu allen Bereichen. Unterschiedliche Währungen und Maße machten es kompliziert und aufwendig, Sendungen, die eine Grenze oder gar mehrere überschreiten sollten, rechnerisch zu erfassen und zu begleiten. Daran konnte auch das von der Familie Thurn und Taxis gehaltene kaiserliche Reichspostmeisteramt, das die Familie von etwa 1501 bis 1806 innehatte, wenig ändern. Sie besaß − gegen den Widerstand vieler Fürsten des Deutschen Reiches − ab 1595 das Reichspostmonopol, und ihre Arbeit wäre nicht möglich gewesen ohne die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter, die Tarife und Gebühren der Postsendungen von den Währungen des einen Territoriums in die möglicherweise unterschiedliche Währung des Ziel-Territoriums umzurechnen und den damit zusammenhängenden Zahlungsverkehr abzuwickeln.
Die erstmalige Einführung von Briefmarken in Großbritannien im Jahr 1840 war vor allem der Versuch, einen komplizierten und traditionell rechenaufwendigen Vorgang, nämlich die Versendung von Briefen von einem Ort an einen anderen, der aber in unterschiedlicher Entfernung zum Aufgabeort liegen konnte, zu vereinfachen. Die „Revolution“ lag ja nicht nur in der Erfindung von aufklebbaren „Letter-Labels“, die die vom Absender bezahlte Gebühr, das Porto, belegen sollte, sondern vor allem auch in der Einführung des One-Penny-Einheitsportos, das einem unübersichtlichen Tarif-Wirrwarr ein Ende setzen sollte und ein einfaches, günstiges und von jedermann zu verstehendes System zu etablieren half.
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