Orgelbauer Bernhard Schmidt sammelt und restauriert Turmuhren

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Mechanische Moderne

Das ehemalige Paketzustellamt in der Arnulfstraße in München

Ausgabe

DAS ARCHIV 3/2017

Autor: Joel Fischer

Seiten: 68-79

Für die Post standen die 1920er-Jahre ganz im Zeichen der Technik. Neue Entwicklungen im Fahrzeugbau und der Fördertechnik führten zu einer systematischen „Verkraftung“ und Mechanisierung des Post- und Fernmeldebetriebs. Die Pioniere dieser Rationalisierungswelle waren Ingenieure und Architekten. Sie betraten vielfach planerisches Neuland und formten das Postwesen sukzessive zu einem modernen Transport- und Logistikunternehmen um. Ein Bildkonvolut im Fotoarchiv des Museums für Kommunikation Frankfurt dokumentiert den Bau eines der fortschrittlichsten Ämter dieser Zeit, des 1926 in Betrieb genommenen Paketzustellamts in der Arnulfstraße in München. Dieser „Superbau“ verkörpert den zeittypischen Einklang von Architektur und Technik.

Es war ein neues Zeitalter, das bald nach dem Ende des Ersten Weltkriegs für die Post anbrach. Neue Fahrzeugtechnik und neue Entwicklungen in der Luftfahrt revolutionierten den Zustellbetrieb, und technische Innovationen veränderten das Fernmelde- und Postwesen grundlegend. Elektrifizierung und Mechanisierung waren die Schlüsselworte, die eine moderne Zukunft verhießen und tatsächlich die systematische Mechanisierung des Postbetriebs einleiteten. Schrittweise wurden bereits vorhandene veraltete Ämter mit technischen Anlagen ausgestattet, aber auch neue vollmechanische Amts- und Betriebsbauten errichtet. München war das Zentrum dieser Rationalisierungswelle und das 1926 in Betrieb genommene Paketzustellamt in der Arnulfstraße das erste Gebäude, bei dem das neue Ideal konsequent umgesetzt wurde.

Warum gerade in Bayern? Politische Faktoren und eine günstige personelle Konstellation lieferten dafür die Voraussetzungen: Als das Königreich Bayern 1870 dem Deutschen Reich beitrat, erwirkte die Bayerische Krone im Gegenzug, dass die Verwaltung der „Königlich-Bayerischen Post“ und der „Königlich-Bayerischen Eisenbahn“ weiterhin in ihren Verwaltungsbereich fiel und nicht dem Reichspostamt unterstellt wurde. Erst 1920, nachdem die Unterzeichnung der Bamberger Verfassung 1919 das offizielle Ende der Monarchie in Bayern besiegelt hatte, übernahm die Reichspost den Postbetrieb im Freistaat. Dieser befand sich im Vergleich zu dem prestigeträchtigen Behördenapparat der Reichspost in deutlichem Rückstand. „Im Ganzen war die Post in Bayern sprichwörtlich das Stiefkind der Eisenbahn“, schildert der Architekt Walther Schmidt die damalige Situation.

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Respekt vor alter Handwerkskunst

Orgelbauer Bernhard Schmidt sammelt und restauriert Turmuhren

Ausgabe

DAS ARCHIV 4/2017

Autor: Friederike Bauer

Seiten: 28-31

Wer Bernhard Schmidt in seinem Haus am Rande Gelnhausens im Spessart treffen möchte, erlebt schon vor dem eigentlichen Besuch eine kleine Überraschung: Statt vor einem normalen Hauseingang steht man vor einer breiten Glasschiebetür, die den Blick auf große eiserne Objekte freigibt. Kurz herrscht Verwirrung. Ist das der Eingang? Wo muss man hier klingeln? Doch dann taucht Bernhard Schmidt, ein rüstiger älterer Herr, auch schon hinter der Glaswand auf und bittet einen freundlich herein. Bevor es in den Wohntrakt geht, wird der Besucher vorbeigelotst an einigen Dutzend ordentlich arrangierten Objekten – eine beeindruckende Sammlung an Turmuhren. Erst dann kommt die eigentliche Haustür. Schon der ungewöhnliche Vorbau macht klar: Hier ist einer mit Leidenschaft am Werk und nimmt viel in Kauf für seine Passion.
Von Beruf ist Bernhard Schmidt Orgelbauer. Der heute 87-Jährige besaß einen Handwerksbetrieb im hessischen Gelnhausen, den er bereits mit 20 Jahren vom früh verstorbenen Vater übernommen und längst wieder an seinen Sohn übergeben hat, der ihn erfolgreich weiterführt. Dinge mit den Händen zu tun war Bernhard Schmidt von Kindesbeinen an vertraut. Schon als Junge baute er ein Dachgeschoss selber aus, fertigte alles von Fenstern über Türen und Böden. Die Lehre als Orgelbauer gab ihm zwar der Vater vor, aber sie traf seine Neigungen und sein Können. „Mir hat es viel Spaß gemacht“, erzählt er, „Dinge von Grund auf zu tun, vom Besorgen des Holzes bis zum Bau der Orgel.“ Die Arbeit sei vielseitig gewesen. Rund 60 Orgeln hat Schmidt in seinem Leben neu gebaut, zahlreiche andere hat er repariert und restauriert. Vor allem nach dem Krieg waren viele Kirchenorgeln schwer beschädigt und mussten wieder zum Spielen gebracht werden. Später, als sich Deutschland wirtschaftlich allmählich erholte und die Kirchen wieder mehr Geld hatten, ging es dann häufiger um neue Instrumente.

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